Beschluss: zurückverwiesen

Abstimmung: Ja: 10, Enthaltungen: 2

Beschlussvorschlag:

 

Die Angelegenheit wird zur weiteren Beratung in die Fraktionen zurück verwiesen.

 


Sachverhalt:

 

Seit 2007 sind in niedersächsischen Landkreisen rund 220 Familienbüros eingerichtet worden. Sie bieten Beratung und Informationen rund um die Themen Familie, Erziehung und Kinderbetreuung. Ziel des Familienbüros ist, verlässliche, flexible und bedarfsgerechte Betreuungsstrukturen zu schaffen und familienfreundliche Strukturen weiterzuentwickeln. Seit 2011 zählen aufsuchende Elternarbeit, Angebote Früher Hilfen und Projekte für benachteiligte Kinder zu den Aufgaben.

 

Die Aufgaben und Tätigkeitsfelder eines Familienbüros sind vielfältig:

 

 

  • Vermittlung von Betreuungsplätzen in Kindergärten, Krippen und Horte

 

  • Qualifikation und Vermittlung von Tagespflegepersonen („Tagesmütter“)

 

  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Ausbau einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung)

 

  • Organisation der Ferienbetreuung für Kindergarten- und Grundschulkinder

 

  • Neuer Erdenbürgerbesuch

 

  • Öffentlichkeitsarbeit (Broschüren, Veröffentlichungen etc.)

 

  • Auskünfte rund um das Thema Familie

 

  • Informationen und Beratung in Fragen der Kindererziehung

 

  • „Sozialer Wegweiser“ (Vermittlung an weitere Stellen wie Behörden etc.)

 

 

Die benannten Tätigkeitsbereiche ergeben sich aus verschiedenen rechtlichen Vorgaben. Im Rahmen der Vereinbarung von Aufgaben der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe durch kreisangehörige Städte und Gemeinden nimmt die Stadt Lohne Aufgaben zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (Krippen, Kindergärten und Horte) und in der Kindertagespflege wahr. Aus den §§ 22 ff. SGB VIII (Sozialgesetzbuch VIII) ergibt sich der Rechtsanspruch auf Förderung von Kindern in Kindertagesstätten und in der Kindertagespflege. Die „Richtlinie Familienförderung“ regelt die Förderung des Landes Niedersachsen zum Betrieb von Familienbüros. Das Familienbüro als koordinierendes Service- und Dienstleistungsangebot soll z.B. Projekte zur Familienbildung und -beratung, für Familien und der Elternarbeit inkl. Neuerdenbürgerbesuche durchführen und umsetzen. Die „Richtlinie zur Förderung der Kindertagespflege“ (Land Niedersachsen) gewährt Zuschüsse zur Fachberatung, Fortbildung und Weiterqualifizierung von Kindertagespflegepersonen.

 

Die Finanzierung des Familienbüros mit seinen Angeboten erfolgt durch die Stadt Lohne sowie durch das Land Niedersachsen. Aus der Richtlinie Familienförderung erhält die Stadt Lohne ca. EUR 39.000 jährlich für den Betrieb des Familienbüros und die Durchführung verschiedener Projekte. Die Richtlinie Tagespflege bietet eine Förderung von zurzeit ca. EUR 26.000 jährlich für die fachlich-pädagogische Beratung und Projektarbeit. Darüber hinaus beteiligt sich der Landkreis Vechta an den Betriebskosten der Kindertagesstätten und der Finanzierung der Tagespflegepersonen.

 

Es ist ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsmöglichkeiten sowohl in Kindertagesstätten als auch in der Kindertagespflege vorzuhalten. Neben der Krippenbetreuung bietet die Kindertagespflege mit ihrer flexiblen und familiennahen Betreuung mittlerweile eine unverzichtbare alternative Betreuungsmöglichkeit. Für Kinder unter drei Jahren ist sie besonders geeignet, da durch den guten Betreuungsschlüssel eine intensive Bindung aufgebaut werden kann. Für kleine Kinder ist eine sichere Bindung eine wichtige Voraussetzung für Lernen und Bildung überhaupt. Jede Tagespflegeperson wird vor Aufnahme ihrer Tätigkeit nach einem Curriculum des Deutschen Jugendinstituts qualifiziert, sie legt eine Prüfung ab und erhält nach Bestehen ein bundesweit gültiges Zertifikat. Während ihrer Tätigkeit wird die Tagespflegeperson durch Einzel- und Gruppengespräche fachlich begleitet. Alle Tagesmütter und -väter stehen in regelmäßigem Kontakt zu ihren Kolleginnen und haben die Verpflichtung sich regelmäßig fortzubilden.

 

Für die Betreuung allein der zurzeit in Lohne betreuten unter dreijährigen Kinder in der Kindertagespflege benötigte man ca. 8 Krippengruppen in einer Kindertagesstätte.

 

Die Aufgaben im Bereich der Kindertagespflege sind (neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Betreuungsangebotes in Kindertagesstätten) im Laufe der letzten Jahre stark gewachsen. Die Anzahl der betreuten Kinder in der Kindertagespflege und die Anzahl der zu betreuenden Tagespflegepersonen vergrößerten sich kontinuierlich. Die Anforderungen an die fachliche und pädagogische Beratung erhöhten sich.

 

Andere Aufgaben des Familienbüros sind daher in den Hintergrund gerückt und die Fachberatung konnte nicht mehr in wünschenswertem Umfang durchgeführt werden. Das Familienbüro der Stadt Lohne ist zurzeit mit einer pädagogischen Fachkraft (24,5 Wochenstunden) besetzt. Bei Bedarf erhält sie Unterstützung für die Verwaltungstätigkeiten durch weiteres Personal (anderer Abteilungen).

 

Lt. DJI (Deutsches Jugendinstitut e.V.) wird unter Fachberatung für die Kindertagespflege das gesamte Beratungsspektrum für Erziehungsberechtigte und Tagespflegepersonen verstanden. Die fachlichen Beratungsleistungen für Tagespflegepersonen umfassen sowohl spezifisch pädagogische als auch persönliche Begleitungs- und Unterstützungsangebote rund um die Kindertagespflege. Darüber hinaus sind tätigkeitsflankierende Beratungsleistungen wie etwa zu rechtlichen Themenstellungen oder zur Existenzgründung hier verortet. Die Leistungen für die Eltern schließen den gesamten Prozess von der Erstberatung und Vermittlung einer geeigneten Tagespflegeperson über die fachliche Begleitung des Tagespflegeverhältnisses bis zum Übergang in andere Betreuungsformen ein.

 

Der erforderliche Umfang einer Fachberatung misst sich an dem sog. Fachberatungsschlüssel. Es handelt sich hierbei um das Verhältnis einer Fachberatungskraft (Vollzeit) zur Anzahl der verantworteten Tagespflegeverhältnisse. Das DJI empfiehlt hier, dass das Verhältnis einer Fachberatungskraft zur Anzahl der verantworteten Tagespflegeverhältnisse 1:40 nicht überschreiten sollte. Mit diesem Arbeitskräfteschlüssel müssen alle Aufgaben bewältigt werden, die im Zusammenhang mit der Kindertagespflege stehen, in der Regel einschließlich der Abwicklung von administrativen und finanziellen Belangen.

 

Bei zurzeit 231 Tagespflegeverhältnissen ergibt sich für Lohne ein auf eine Vollzeitkraft berechneter Fachberatungsschlüssel von 1:385 (!). Im Folgenden sind im Vergleich weitere Personalschlüssel dargestellt:

 

 

Personalschlüssel Fachberatung (Bsp.)

 

 

  • DJI:                                                                 1:40                 (Empfehlung)

 

 

  • KVHS Vechta / Bildungswerk Damme (Ø):   1:195               (Stand: 04/2018)

 

 

  • Stadt Lohne:                                                    1:385               (0,6 Stellen/231 Kinder)

 

 

Aufgrund der dargestellten Situation im Familienbüro bzw. im Bereich der Kindertagespflege wird verwaltungsseitig auf den dringenden Handlungsbedarf hingewiesen. Neben Möglichkeiten des Personalausbaus innerhalb der Verwaltung und der Verlagerung von Teilaufgaben des Familienbüros erscheint auch die Verlagerung des gesamten Bereiches Kindertagespflege als sinnvoll. Fast alle Kommunen im Landkreis Vechta organisieren die Kindertagespflege über Dritte. Im Südkreis nimmt das Bildungswerk Dammer Berge und für Vechta und weitere Gemeinden die Kreisvolkshochschule die Aufgaben der Kindertagespflege wahr. Die Familienbüros in den Rathäusern arbeiten eng mit den „Kindertagespflegebüros“ zusammen.

 

In Gesprächen mit dem Ludgerus-Werk wurde die Möglichkeit der Erweiterung der Tätigkeiten des Ludgerus-Werks im Bereich der Kindertagespflege durch Gründung eines „Kindertagespflegebüros“ o.ä. erörtert. Das Ludgerus-Werk nimmt seit vielen Jahren als verlässlicher Kooperationspartner die Aufgaben der Fortbildung und Qualifizierung von Tagespflegepersonen wahr und kann sich grundsätzlich eine Verlagerung der Aufgabe Kindertagespflege in ihren Bereich vorstellen. Die Zusammenarbeit wäre vergleichbar mit den Kooperationen anderer kreisangehöriger Kommunen mit der KVHS Vechta oder dem Bildungswerk Dammer Berge.

 

Auf Anregung der Stadt wurde ein erstes Konzept mit Angaben zur personellen und räumlichen Gestaltung erstellt. Dieses ist der Beschlussvorlage als Anlage beigefügt. Lt. Auskunft des Ludgerus-Werkes ist mit jährlichen Kosten von ca. EUR 100.000 zzgl. Miet- und Raumkosten zu rechnen.

 

Es wird vorgeschlagen, zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Aufgabenbereich „Kindertagespflege“ an das Ludgerus-Werk Lohne zu übertragen. Ein mögliches „Kindertagespflegebüro“ könnte direkt bei den Räumlichkeiten des Ludgerus-Werkes aber auch an anderer zentraler Stelle angesiedelt sein und das Familienbüro auch in der Außendarstellung positiv ergänzen. Das Familienbüro würde entsprechend entlastet und kann sich auf die o.g. Aufgabenbereiche konzentrieren.

 

Folgende Aufgaben (mit unterschiedlicher Gewichtung) wären durch ein „Kindertagespflegebüro“ wahrzunehmen:

 

 

  • Beratung und Qualifizierung der Tagespflegepersonen

 

  • Eignungsfeststellung und fortlaufende Überprüfung

 

  • Grundqualifizierung

 

  • Fort- und Weiterbildung

 

  • Organisation der Vertretung

 

  • Beratung der Eltern und Vermittlung

 

  • Gewinnung von Interessierten und Informationen

 

  • Konfliktberatung, Krisenintervention, Schutzauftrag

 

  • Besonderer Beratungsbedarf bei Inklusion, Interkulturalität und belasteten Familien

 

  • Besonderer Beratungsbedarf bei speziellen Formen der Kindertagespflege

 

  • Öffentlichkeitsarbeit und Interessenvertretung

 

  • Qualitätssicherung und Evaluation

 

  • Verwaltung

 

 

Beratungsverlauf:

 

Herr Hinzke als Leiter des Ludgerus-Werks erklärte sich für befangen und nahm an der Beratung nicht teil.

 

Herr Wolke erläuterte die der Einladung beigefügten Beschlussvorlage.

 

Herr Haskamp erklärte, er sei Mitglied im Vorstand des Ludgerus-Werks. Hier wurde das Thema bereits besprochen. Demnach ist das Ludgerus-Werk grundsätzlich bereit, weitere Aufgaben in der Kindertagespflege zu übernehmen. Allerdings handelt es sich bei der genannten Summe von EUR 100.000 lediglich um eine fiktive Zahl, die unter Umständen zu gering angesetzt sei. Weiterhin stünden zurzeit auch keine Räumlichkeiten im Ludgerus-Werk für ein Kindertagespflegebüro zur Verfügung. Der Vorstand des Ludgerus-Werks sieht noch einen hohen Gesprächsbedarf bezüglich der weiteren Planungen.

 

Herr Gerdesmeyer erklärte, dass hier über die Grundsatzfrage, ob die Kindertagespflege in größerem Umfang durch das Ludgerus-Werk angeboten wird oder aber im Rathaus verankert bleibt, entschieden werden soll.

 

Herr Kache ist der Meinung, dass grds. Kompetenzen im Rathaus bleiben sollten.

 

Herr Sandmann brachte seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass Frau Fössing die Arbeit bis jetzt mit 25 Wochenstunden erledigt habe, nun aber von 2 Sozialpädagogen und einer Verwaltungskraft mit 10 Wochenstunden die Rede ist. Für Ihn stellte sich die Frage, was mit den anderen Aufgaben des Familienbüros ist.

 

Herr Wolke erklärte, dass vom Ludgerus-Werk bereits Aufgaben der Kindertagespflege in Form von Fortbildungs- und Weiterqualifizierungsmaßnahmen übernommen werden. Daher sei das Ludgerus-Werk ein geeigneter Träger. In den letzten drei Jahren sind neue Kindertagesstätten hinzugekommen, der Bereich Kindertagespflege hat sich vergrößert und die Anforderungen an die Kindertagespflege sind deutlich höher, als noch vor ein paar Jahren. Zudem sollen die freiwilligen Aufgaben des Familienbüros wieder verstärkt wahrgenommen werden. Wie wichtig die Fachberatung in der Kindertagespflege ist, sei am maßgebenden Personalschlüssel zu erkennen.

 

Herr Gerdesmeyer erklärte, dass es sich bei den genannten EUR 100.000 um die Personalkosten für zwei halbtags beschäftige FachberaterInnen und einer Verwaltungskraft handelt. Er schlug vor, den Antrag zur weiteren Klärung in die Fraktion zurück zu verweisen.

 

Frau Theilen unterstützte den Vorschlag. Sie sieht im Ludgerus-Werk einen geeigneten Partner. Weiterhin sei es gut, wenn das Familienbüro sich wieder um seine Kernaufgaben kümmern kann. Aufgrund weiteren Klärungsbedarfs stellte sie den Antrag, die Angelegenheit zur weiteren Beratung in die Fraktionen zu verweisen.

 

Herr Haskamp machte nochmals deutlich, dass der Vorstand des Ludgerus-Werks einstimmig mit Ja entschieden habe, was eine mögliche Erweiterung der Tätigkeiten im Bereich der Kindertagespflege betrifft, allerdings sind weitere Gespräche nötig, z.B. zum finanziellen Rahmen und betreffend der Räumlichkeiten.