Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 9, Enthaltungen: 5

Beschlussempfehlung:

 

Die Stadt Lohne beantragt mit Wirkung zum 1.1.2019 ihre Mitgliedschaft im OOWV für den Trinkwasserbereich und erteilt ihr Einvernehmen zur Übertragung der Aufgabe der Trinkwasserversorgung auf den OOWV. Dem noch abzuschließenden Begleitvertrag zur Mitgliedschaft für den Bereich Trinkwasser wird zugestimmt.

 


Sachverhalt:

 

Seit Jahrzehnten versorgt der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserband OOWV (Wasser- und Bodenverband) das Stadtgebiet Lohne mit Trinkwasser. Im Jahr 1998 wurde letztmals ein Konzessionsvertrag zwischen dem OOWV und der Stadt Lohne geschlossen, der aktuell noch die rechtliche Grundlage für die Wasserlieferung bildet. Seine Laufzeit endet am 31.12.2018 - dies gilt auch für die Konzessionsverträge aller übrigen Gemeinden  im Versorgungsgebiet des OOWV.

 

Mitglieder des OOWV sind seit jeher nicht die Städte und Gemeinden, sondern die Landkreise. Dies hängt mit einer Regelung zusammen, die bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 Gültigkeit hatte und 1964 durch eine Verfügung des Regierungspräsidenten in Oldenburg bestätigt wurde. Einzige Ausnahme bilden Städte und Gemeinden, die zu dieser Zeit eine eigene Trinkwasserversorgung besaßen, zum Beispiel die Stadt Dinklage. Das bedeutet, dass im Trinkwasserbereich die Stadt Dinklage und „der Landkreis Vechta ohne die Stadt Dinklage“ Mitglied im OOWV sind, nicht aber die einzelnen Mitgliedskommunen.

 

Bereits seit einigen Jahren haben Städte und Gemeinden in Arbeitsgruppen intensiv mit dem OOWV über die Fortführung des Vertragsverhältnisses ab 2019 verhandelt. Die Städte und Gemeinden wurden in einer gemeinsamen Veranstaltung des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, des Städtetages und des OOWV am 14.3.2018 über die Rechtslage und das mögliche weitere Vorgehen informiert.

 

Mit Änderungssatzung vom 1.3.2018 hat der OOWV die Interessen der Städte und Gemeinden stärker berücksichtigt. Diese Änderung der Verbandssatzung wurde zusammen mit einer Satzungskommission erarbeitet, in der auch gemeindliche Vertreter mitgewirkt haben.

 

Nach § 10 Abs. 3 der ab 1.1.2019 geltenden Satzung können Städte und Gemeinden Mitglied des OOWV werden. Von den 1000 Stimmen in der Verbandsversammlung entfallen künftig 749 Stimmen auf die Mitgliedergruppe der Städte und Gemeinden und 251 Stimmen auf die Mitgliedergruppe der Landkreise. Die Stimmen werden innerhalb der Mitgliedergruppe nach Fläche und Einwohnerzahl verteilt. Ist eine Stadt oder Gemeinde (noch) nicht Mitglied im OOWV, werden die auf sie entfallenen Stimmen (zunächst) von dem Landkreis ausgeübt, in dem die Stadt oder Gemeinde belegen ist.

Nach § 7 entsenden die Mitglieder je zwei Vertreter (Hauptverwaltungsbeamter und ein weiterer Vertreter) in die Verbandsversammlung. In § 10 Abs. 7 ist geregelt, dass diese aber nur einheitlich stimmen können.

Nach § 10 Abs. 8 ist die Stimmrechtsverteilung zudem so geregelt, dass bei einer Angelegenheit, die im Schwerpunkt nur die Wasserversorgung oder nur die Abwasserbeseitigung betrifft, die jeweils betroffene Gruppe nicht überstimmt werden kann.

 

 

Als Ergebnis bestehen folgende Möglichkeiten, um auch weiterhin die öffentliche Trinkwasserversorgung durch den OOWV sicherzustellen.

1)    Die Stadt Lohne kann dem Zweckverband im Trinkwasserbereich als Mitglied beitreten und ihm parallel formell die Aufgabe der Trinkwasserversorgung übertragen. Dies führt dazu, dass die Stadt im Rahmen der Verbandsversammlungen über Geschehnisse im Trinkwasserbereich sowie über Haushaltspläne und Jahresabschlüsse mitbestimmen kann. Auf der anderen Seite ist es denkbar, dass die Verbandsmitglieder im Falle einer Insolvenz des OOWV für dessen Schulden haften, wobei die Verwaltung diese Möglichkeit nicht als konkretes Risiko sieht. Der OOWV hat ein Gesamtvermögen von ca. 890 Mio. € Buchwert, ist wirtschaftlich gesund und arbeitet ohne Gewinnerzielungsabsicht. Geschäftsberichte des OOWV sind im Internet abrufbar unter dem Link  https://www.oowv.de/der-oowv/zahlen-daten-fakten/zahlen-daten-fakten/.

 

2)    Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Stadt Lohne, ohne Mitglied des OOWV zu werden, mit dem Verband und weiteren Gemeinden eine Zweckvereinbarung über die Belieferung mit Wasser schließt. Inhaltlich entfallen in diesem Fall das Mitbestimmungsrecht und die Verlustübernahmeverpflichtung. Allerdings setzt das zuständige Ministerium hier hohe formelle Hürden.

 

3)    Theoretisch könnte jede Stadt / Gemeinde auch die Wasserversorgung ausschreiben und einen neuen Konzessionsnehmer suchen, nach Durchführung eines ggfs. erforderlichen wettbewerblichen Verfahrens.

Allerdings argumentiert der OOWV, dass ihm die Aufgabe der Wasserversorgung seinerzeit als eigene Aufgabe zugewiesen wurde, und behält sich rechtliche Schritte vor.

Die Ausgangslage ist darüber hinaus faktisch nicht vergleichbar mit dem Bezug von Strom aus überregionalen Netzen und der dortigen Konzessionsvergabe. Praktisch würde eine solche Möglichkeit mangels eines eigenen Wasserwerks im Stadtgebiet wohl nicht umsetzbar sein bzw. faktisch weiterhin auf den OOWV hinauslaufen. Eine Beteiligung an der Ausschreibung schließt der OOWV aus.

 

4)    Weiterhin könnte eine Stadt / Gemeinde theoretisch selbst die vorhandenen Verteilungsanlagen übernehmen und die Aufgabe der Wasserversorgung selbst übernehmen. Hier gilt das gleiche wie bei Nr. 3).

 

 

Für den Abwasserbereich ist die Stadt Lohne bereits seit 2005 Mitglied des OOWV. Aus Sicht der Stadtverwaltung sollte, da das wirtschaftliche Risiko vernachlässigbar gering erscheint, zur weiteren Stärkung der Mitwirkungsrechte und zur Sicherung der hohen Trinkwasserqualität in Lohne eine Mitgliedschaft der Stadt Lohne im OOWV auch für den Trinkwasserbereich begründet werden.

 

Da die Aufgabe Trinkwasserversorgung auf einen als öffentlich-rechtliche Körperschaft tätigen Verband übertragen wird und die Gemeinde Mitglied dieser Körperschaft wird, ist ein weiteres wettbewerbliches Verfahren nicht erforderlich. Die Aufgabe Trinkwasserversorgung wird auf den OOWV übertragen, d.h. der OOWV ist künftig Aufgabenträger und wird nicht nur wie bisher mit der Erledigung der Aufgabe betraut.

 

Ergänzt wird die Mitgliedschaft jeweils durch einen für alle Kommunen einheitlich formulierten Begleitvertrag mit einer Vertragslaufzeit bis Ende 2039 zwischen der Gemeinde und dem OOWV (siehe Anlage).

Für den Beschluss über die Mitgliedschaft in kommunalen Zusammenschlüssen ist gemäß § 58 Abs.1 Nr.17 NKomVG der Rat zuständig.

 

Beratungsverlauf:

 

Der Ausschussvorsitzende begrüßte zu diesem Tagesordnungspunkt Claus Barwig und Kay Schönfeld vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV). Herr Barwig stellte anhand einer Präsentation die gesamte Verbandsstruktur vor und zeigte einen Überblick zum Verbandsgebiet. Ergänzend kündigte Herr Barwig für 2019 weitere umfangreiche Erweiterungsarbeiten im Trinkwasserbereich an. Hierbei handelt es sich insbesondere um den Neubau einer Trinkwasserleitung von Steinfeld nach Lohne mit einer Gesamtlänge von 6 km und einer Nennweite von DN 400. Die Probleme, die in diesem Jahr bei der Trockenperiode in einigen Ortslagen in Lohne auftraten, sollen hierdurch künftig vermieden werden. Danach erläuterte Herr Barwig den Ablauf für das Aufnahmeverfahren der Stadt Lohne für den Bereich Trinkwasser. Sofern jetzt ein Aufnahmeantrag gestellt wird, könnte eine Aufnahme bei der Verbandsversammlung am 18.10.2018 erfolgen und ein Aufnahmebescheid erteilt werden. Dieser beinhaltet den Begleitvertrag. Die Stadt Lohne würde dann künftig zwei Vertreter (Bürgermeister + ein weiterer Vertreter) entsenden.

 

Die Stadt Lohne erhält im Bereich Trinkwasser weiterhin den 10 %igen Kommunalrabatt. Bei der Herstellung von Trinkwasserleitungen in den Baugebieten entfällt künftig die Vorfinanzierungsbeteiligung (bisher musste nach Ablauf von fünf Jahren der noch offene Kostenanteil zunächst von der Kommune getragen werden).

 

Auf Nachfrage teilte Herr Barwig mit, dass eine Konzessionsabgabe nicht gezahlt wird, weil der OOWV keine Gewinnerzielungsabsicht anstrebt. Um dies zu ändern, müsste zunächst die Satzung geändert werden – die Folge wäre, dass auch der Wasserpreis steigen würde.

 

Eine weitere Nachfrage bezog sich auf die im Begleitvertrag enthaltene Möglichkeit, Sondernutzungsverträge mit Großverbrauchern abzuschließen. Hierzu führte Herr Barwig aus, dass stets das Wohl der Solidargemeinschaft als Ziel gesehen wird und nur Verträge abgeschlossen werden, die für die Gesamtsituation förderlich sind. Auch der OOWV befinde sich in einer Wettbewerbssituation geprägt durch hohe Fixkosten. Großverbraucher tragen zu einer Entlastung dieser Fixkosten bei. Der OOWV hat kein Interesse an der Förderung von Wirtschaftsunternehmen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts wird der OOWV ohnehin strengen Prüfkriterien unterzogen.

 

Bürgermeister Gerdesmeyer betonte anschließend, dass es keine wirkliche Alternative zu einer Mitgliedschaft im Trinkwasserbereich des OOWV gebe. Wichtig sei ihm, dass der in diesem Sommer mit den Störungen betroffene Bereich in Lohne künftig problemlos mit Trinkwasser versorgt werde.

 

Auf die Frage eines Ausschussmitglieds zu den branchenfremden Firmen, an denen der OOWV beteiligt ist, teilte Herr Barwig mit, dass alle Beteiligungen entweder mit dem Grundwasserschutzkonzept in Verbindung stehen oder insbesondere im Abwasserbereich mit Unternehmen, mit denen der OOWV kooperiert, um zum Beispiel Klärschlamm kostengünstiger zu entsorgen.

 

Hinsichtlich der Beschlussformulierung regte ein Ausschussmitglied an, ob es nicht sinnvoll sei, auch ein Enddatum mit in die Beschlussfassung aufzunehmen. Verwaltungsseitig wurde daraufhin mitgeteilt, dass dieser Termin offen gelassen werden sollte, um nicht schon jetzt zu Anfang bereits die Zusammenarbeit zu kündigen und verwies auf die Fristen im Begleitvertrag. Ergänzend teilte Bürgermeister Gerdesmeyer mit, dass der zweite Vertreter für die Gremien im Trinkwasserbereich in der kommenden Ratssitzung benannt werden müsse.

 

Abschließend forderte Bürgermeister Gerdesmeyer noch einmal eindringlich den kurzfristigen Ausbau der Trinkwasserleitung von Steinfeld nach Lohne.