Sitzung: 13.09.2018 Ausschuss für Finanzen, Liegenschaften und Wirtschaftsförderung
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 9, Enthaltungen: 5
Vorlage: 20/018/2018
Beschlussempfehlung:
Die Stadt Lohne beantragt mit Wirkung
zum 1.1.2019 ihre Mitgliedschaft im OOWV für den Trinkwasserbereich und erteilt
ihr Einvernehmen zur Übertragung der Aufgabe der Trinkwasserversorgung auf den
OOWV. Dem noch abzuschließenden Begleitvertrag zur Mitgliedschaft für den
Bereich Trinkwasser wird zugestimmt.
Sachverhalt:
Seit Jahrzehnten versorgt der
Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserband OOWV (Wasser- und Bodenverband) das
Stadtgebiet Lohne mit Trinkwasser. Im Jahr 1998 wurde letztmals ein
Konzessionsvertrag zwischen dem OOWV und der Stadt Lohne geschlossen, der
aktuell noch die rechtliche Grundlage für die Wasserlieferung bildet. Seine
Laufzeit endet am 31.12.2018 - dies gilt auch für die Konzessionsverträge aller
übrigen Gemeinden im Versorgungsgebiet
des OOWV.
Mitglieder des OOWV sind seit jeher
nicht die Städte und Gemeinden, sondern die Landkreise. Dies hängt mit einer
Regelung zusammen, die bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949
Gültigkeit hatte und 1964 durch eine Verfügung des Regierungspräsidenten in
Oldenburg bestätigt wurde. Einzige Ausnahme bilden Städte und Gemeinden, die zu
dieser Zeit eine eigene Trinkwasserversorgung besaßen, zum Beispiel die Stadt
Dinklage. Das bedeutet, dass im Trinkwasserbereich die Stadt Dinklage und „der
Landkreis Vechta ohne die Stadt Dinklage“ Mitglied im OOWV sind, nicht aber die
einzelnen Mitgliedskommunen.
Bereits seit einigen Jahren haben
Städte und Gemeinden in Arbeitsgruppen intensiv mit dem OOWV über die
Fortführung des Vertragsverhältnisses ab 2019 verhandelt. Die Städte und
Gemeinden wurden in einer gemeinsamen Veranstaltung des niedersächsischen
Städte- und Gemeindebundes, des Städtetages und des OOWV am 14.3.2018 über die
Rechtslage und das mögliche weitere Vorgehen informiert.
Mit Änderungssatzung vom 1.3.2018 hat
der OOWV die Interessen der Städte und Gemeinden stärker berücksichtigt. Diese
Änderung der Verbandssatzung wurde zusammen mit einer Satzungskommission
erarbeitet, in der auch gemeindliche Vertreter mitgewirkt haben.
• Nach § 10 Abs. 3 der ab 1.1.2019 geltenden
Satzung können Städte und Gemeinden Mitglied des OOWV werden. Von den 1000
Stimmen in der Verbandsversammlung entfallen künftig 749 Stimmen auf die
Mitgliedergruppe der Städte und Gemeinden und 251 Stimmen auf die
Mitgliedergruppe der Landkreise. Die Stimmen werden innerhalb der Mitgliedergruppe
nach Fläche und Einwohnerzahl verteilt. Ist eine Stadt oder Gemeinde (noch)
nicht Mitglied im OOWV, werden die auf sie entfallenen Stimmen (zunächst) von
dem Landkreis ausgeübt, in dem die Stadt oder Gemeinde belegen ist.
• Nach § 7 entsenden die Mitglieder je zwei
Vertreter (Hauptverwaltungsbeamter und ein weiterer Vertreter) in die
Verbandsversammlung. In § 10 Abs. 7 ist geregelt, dass diese aber nur
einheitlich stimmen können.
•
Nach § 10 Abs. 8 ist die
Stimmrechtsverteilung zudem so geregelt, dass bei einer Angelegenheit, die im
Schwerpunkt nur die Wasserversorgung oder nur die Abwasserbeseitigung betrifft,
die jeweils betroffene Gruppe nicht überstimmt werden kann.
Als Ergebnis bestehen folgende Möglichkeiten, um auch weiterhin die
öffentliche Trinkwasserversorgung durch den OOWV sicherzustellen.
1)
Die Stadt Lohne kann dem Zweckverband im
Trinkwasserbereich als Mitglied beitreten und ihm parallel formell die Aufgabe
der Trinkwasserversorgung übertragen. Dies führt dazu, dass die Stadt im Rahmen
der Verbandsversammlungen über Geschehnisse im Trinkwasserbereich sowie über
Haushaltspläne und Jahresabschlüsse mitbestimmen kann. Auf der anderen Seite
ist es denkbar, dass die Verbandsmitglieder im Falle einer Insolvenz des OOWV
für dessen Schulden haften, wobei die Verwaltung diese Möglichkeit nicht als
konkretes Risiko sieht. Der OOWV hat ein Gesamtvermögen von ca. 890 Mio. €
Buchwert, ist wirtschaftlich gesund und arbeitet ohne Gewinnerzielungsabsicht.
Geschäftsberichte des OOWV sind im Internet abrufbar unter dem Link https://www.oowv.de/der-oowv/zahlen-daten-fakten/zahlen-daten-fakten/.
2)
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass
die Stadt Lohne, ohne Mitglied des OOWV zu werden, mit dem Verband und weiteren
Gemeinden eine Zweckvereinbarung über die Belieferung mit Wasser schließt.
Inhaltlich entfallen in diesem Fall das Mitbestimmungsrecht und die
Verlustübernahmeverpflichtung. Allerdings setzt das zuständige Ministerium hier
hohe formelle Hürden.
3)
Theoretisch könnte jede Stadt / Gemeinde auch
die Wasserversorgung ausschreiben und einen neuen Konzessionsnehmer suchen,
nach Durchführung eines ggfs. erforderlichen wettbewerblichen Verfahrens.
Allerdings
argumentiert der OOWV, dass ihm die Aufgabe der Wasserversorgung seinerzeit als
eigene Aufgabe zugewiesen wurde, und behält sich rechtliche Schritte vor.
Die
Ausgangslage ist darüber hinaus faktisch nicht vergleichbar mit dem Bezug von
Strom aus überregionalen Netzen und der dortigen Konzessionsvergabe. Praktisch
würde eine solche Möglichkeit mangels eines eigenen Wasserwerks im Stadtgebiet
wohl nicht umsetzbar sein bzw. faktisch weiterhin auf den OOWV hinauslaufen.
Eine Beteiligung an der Ausschreibung schließt der OOWV aus.
4)
Weiterhin könnte eine Stadt / Gemeinde
theoretisch selbst die vorhandenen Verteilungsanlagen übernehmen und die
Aufgabe der Wasserversorgung selbst übernehmen. Hier gilt das gleiche wie bei
Nr. 3).
Für den Abwasserbereich ist die Stadt
Lohne bereits seit 2005 Mitglied des OOWV. Aus Sicht der Stadtverwaltung
sollte, da das wirtschaftliche Risiko vernachlässigbar gering erscheint, zur
weiteren Stärkung der Mitwirkungsrechte und zur Sicherung der hohen
Trinkwasserqualität in Lohne eine Mitgliedschaft der Stadt Lohne im OOWV auch
für den Trinkwasserbereich begründet werden.
Da die Aufgabe Trinkwasserversorgung
auf einen als öffentlich-rechtliche Körperschaft tätigen Verband übertragen
wird und die Gemeinde Mitglied dieser Körperschaft wird, ist ein weiteres
wettbewerbliches Verfahren nicht erforderlich. Die Aufgabe
Trinkwasserversorgung wird auf den OOWV übertragen, d.h. der OOWV ist künftig
Aufgabenträger und wird nicht nur wie bisher mit der Erledigung der Aufgabe
betraut.
Ergänzt wird die Mitgliedschaft
jeweils durch einen für alle Kommunen einheitlich formulierten Begleitvertrag
mit einer Vertragslaufzeit bis Ende 2039 zwischen der Gemeinde und dem OOWV
(siehe Anlage).
Für den Beschluss über die Mitgliedschaft in kommunalen
Zusammenschlüssen ist gemäß § 58 Abs.1 Nr.17 NKomVG der Rat zuständig.
Beratungsverlauf:
Der
Ausschussvorsitzende begrüßte zu diesem Tagesordnungspunkt Claus Barwig und Kay
Schönfeld vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV). Herr Barwig
stellte anhand einer Präsentation die gesamte Verbandsstruktur vor und zeigte
einen Überblick zum Verbandsgebiet. Ergänzend kündigte Herr Barwig für 2019
weitere umfangreiche Erweiterungsarbeiten im Trinkwasserbereich an. Hierbei
handelt es sich insbesondere um den Neubau einer Trinkwasserleitung von
Steinfeld nach Lohne mit einer Gesamtlänge von 6 km und einer Nennweite von DN
400. Die Probleme, die in diesem Jahr bei der Trockenperiode in einigen
Ortslagen in Lohne auftraten, sollen hierdurch künftig vermieden werden. Danach
erläuterte Herr Barwig den Ablauf für das Aufnahmeverfahren der Stadt Lohne für
den Bereich Trinkwasser. Sofern jetzt ein Aufnahmeantrag gestellt wird, könnte
eine Aufnahme bei der Verbandsversammlung am 18.10.2018 erfolgen und ein
Aufnahmebescheid erteilt werden. Dieser beinhaltet den Begleitvertrag. Die
Stadt Lohne würde dann künftig zwei Vertreter (Bürgermeister + ein weiterer
Vertreter) entsenden.
Die Stadt Lohne
erhält im Bereich Trinkwasser weiterhin den 10 %igen Kommunalrabatt. Bei der
Herstellung von Trinkwasserleitungen in den Baugebieten entfällt künftig die
Vorfinanzierungsbeteiligung (bisher musste nach Ablauf von fünf Jahren der noch
offene Kostenanteil zunächst von der Kommune getragen werden).
Auf Nachfrage
teilte Herr Barwig mit, dass eine Konzessionsabgabe nicht gezahlt wird, weil
der OOWV keine Gewinnerzielungsabsicht anstrebt. Um dies zu ändern, müsste
zunächst die Satzung geändert werden – die Folge wäre, dass auch der
Wasserpreis steigen würde.
Eine weitere
Nachfrage bezog sich auf die im Begleitvertrag enthaltene Möglichkeit,
Sondernutzungsverträge mit Großverbrauchern abzuschließen. Hierzu führte Herr
Barwig aus, dass stets das Wohl der Solidargemeinschaft als Ziel gesehen wird
und nur Verträge abgeschlossen werden, die für die Gesamtsituation förderlich
sind. Auch der OOWV befinde sich in einer Wettbewerbssituation geprägt durch
hohe Fixkosten. Großverbraucher tragen zu einer Entlastung dieser Fixkosten
bei. Der OOWV hat kein Interesse an der Förderung von Wirtschaftsunternehmen.
Als Körperschaft des öffentlichen Rechts wird der OOWV ohnehin strengen
Prüfkriterien unterzogen.
Bürgermeister
Gerdesmeyer betonte anschließend, dass es keine wirkliche Alternative zu einer
Mitgliedschaft im Trinkwasserbereich des OOWV gebe. Wichtig sei ihm, dass der
in diesem Sommer mit den Störungen betroffene Bereich in Lohne künftig
problemlos mit Trinkwasser versorgt werde.
Auf die Frage
eines Ausschussmitglieds zu den branchenfremden Firmen, an denen der OOWV
beteiligt ist, teilte Herr Barwig mit, dass alle Beteiligungen entweder mit dem
Grundwasserschutzkonzept in Verbindung stehen oder insbesondere im
Abwasserbereich mit Unternehmen, mit denen der OOWV kooperiert, um zum Beispiel
Klärschlamm kostengünstiger zu entsorgen.
Hinsichtlich der
Beschlussformulierung regte ein Ausschussmitglied an, ob es nicht sinnvoll sei,
auch ein Enddatum mit in die Beschlussfassung aufzunehmen. Verwaltungsseitig
wurde daraufhin mitgeteilt, dass dieser Termin offen gelassen werden sollte, um
nicht schon jetzt zu Anfang bereits die Zusammenarbeit zu kündigen und verwies
auf die Fristen im Begleitvertrag. Ergänzend teilte Bürgermeister Gerdesmeyer
mit, dass der zweite Vertreter für die Gremien im Trinkwasserbereich in der
kommenden Ratssitzung benannt werden müsse.
Abschließend
forderte Bürgermeister Gerdesmeyer noch einmal eindringlich den kurzfristigen
Ausbau der Trinkwasserleitung von Steinfeld nach Lohne.