Beschluss: zur Kenntnis genommen

Sachverhalt:

 

Mit Datum vom 26.05.2020 beantragte die SPD-Fraktion des Rates der Stadt Lohne das Thema „Familienfreundlichkeit der Stadt Lohne“ zu beraten und ggf. über Maßnahmen für notwendige Verbesserungen zu entscheiden. Der Antrag ist der Beschlussvorlage als Anlage beigefügt.

 

Der Antrag der SPD-Fraktion nimmt Bezug auf die von der Fa. CONTOR erstellte Studie zur Familienfreundlichkeit in bundesweit 585 Städten. Die Sonderauswertung zur Studie „Familienfreundliche Mittelstädte“ für die Stadt Lohne ist der Beschlussvorlage ebenfalls als Anlage beigefügt.

 

Verwaltungsseitig wird die Studie eher kritisch gesehen. In der Studie spielen Faktoren eine Rolle, die unter Umständen sehr wenig über die Familienfreundlichkeit einer Stadt aussagen. Das Referat für Marketing, Wirtschaftsförderung und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Lohne hat die Studie genauer betrachtet:

 

 

  • Das Bevölkerungswachstum und die Demographie ist im gesamten Oldenburger Münsterland vergleichbar und – im Sinne der Studie – positiv. So liegt Lohne mit einem prozentualen Bevölkerungswachstum von 4,99 Prozent über dem Schnitt der Studien-Städte (2,46). Wir liegen auch knapp vor Cloppenburg mit 4,84 Prozent. Die detaillierten Daten von Vechta liegen uns nicht vor.

 

  • Auch der Anteil der Unter-20-Jährigen (23,43 Prozent) ist in Lohne erheblich höher als in Cloppenburg (22,8) und höher als der Schnitt von 18,7 Prozent

 

  • Das BIP pro Einwohner liegt in Lohne (44324) deutlich über dem Schnitt (35249) und weit vor Cloppenburg (34458). Einzig die BIP-Entwicklung (+7,41 Prozent in Lohne) liegt unter dem Schnitt (+13,53) und unter Cloppenburg (+15,38)

 

  • Die Anzahl der Wohnungen pro 1000 Einwohner ist für Lohne mit 409,48 angegeben. Cloppenburg liegt mit 437,18 Wohnungen auch unter dem Schnitt (501,22).

 

Hier zieht die Studie falsche Schlüsse. So wird eine höhere Anzahl als sehr positiv (8 Punkte) bewertet. Aber die Anzahl der Wohnungen pro 1000 Einwohner beinhaltet auch, dass es mehr Single-Haushalte bzw. Paar-Haushalte gibt. Im OM haben wir aber viele Familien-Wohnungen bzw. Eigenheime, wo teilweise mehrere Generationen unter einem Dach wohnen. Das ist ein Indiz für Familienfreundlichkeit.

 

  • Die Entwicklung der Wohnungen ist hingegen mit 1,77 Prozent (Schnitt 0,16) ein positives Merkmal für Lohne. Man kann daher davon ausgehen, dass der hohen Nachfrage nach Wohnraum nachgekommen wird. Auch die Baulandpreise (105,51 Euro) sind in Lohne unter dem Schnitt (178,81). Das wäre laut Studie ein Indiz für Familienfreundlichkeit.

 

Wobei aber eine hohe Nachfrage auch höhere Preise bedeutet. Warum ist die Nachfrage so hoch? Dies lässt sich sicher mit der bereits vorhandenen Familienfreundlichkeit erklären. Lt. Studie wären Orte, die vielleicht aufgrund von Strukturwandel und negativer Bevölkerungsentwicklung sehr niedrige Grundstückpreise unter 30 Euro anbieten, attraktiver für Familien als aufstrebender Ort mit vielen Arbeitsplätzen wie Lohne oder Vechta. Die Arbeitsplätze bspw. im produzierenden Gewerbe (hier ist Lohne sehr gut aufgestellt) spielen aber in der Studie keine Rolle.

 

  • Die Jobs im produzierenden Gewerbe spielen auch eine Rolle bei der Betrachtung der Anzahl von Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss. Hier liegt Lohne mit 9 Prozent leider unter dem Schnitt (6 Prozent). Der Grund: Lohne hat einen hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund und demnach einen hohen Ausländeranteil (aktuell etwa 16 Prozent). Leider verlassen überdurchschnittlich viele Kinder von Migranten die Schule ohne Abschluss. Das hat unterschiedliche Gründe. Hier sehen wir eine hohe Herausforderung. Aus diesem Grunde investiert die Stadt Lohne seit Jahren – als freiwillige Leistung – in Flüchtlings- und Sozialarbeit. Die Studie legt bei der Betrachtung dieser Zahl einen hohen Wert (10 Punkte). Der Migrantenanteil einer Stadt und damit die hohen Herausforderungen an Integration etc. findet aber in der Studie keine Berücksichtigung.

 

  • In Vechta sind unstrittig mehr Menschen in Erziehungs- und Bildungsberufen tätig als Lohne (überdurchschnittlich 1,46 / Schnitt = 1,38). Allein die Präsenz von Universität und drei Gymnasien spielt hier eine Rolle. Lt. Studie nimmt dieser Faktor ein hohen Stellenwert in seiner Studie ein (8 Punkte). Warum gerade diese Berufe ein Indiz für Familienfreundlichkeit sind, erklärt sich nicht. Würde die Studie bspw. auf die Anzahl der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe, in Handwerk und Dienstleistung blicken, wäre Lohne sicherlich weit vorne.

 

  • Zur Infrastruktur: Lohne liegt näher zur Autobahn als Cloppenburg und Vechta. Und alle drei Städte sind ans Nordwestbahn-Netz angebunden.

 

  • Unberücksichtigt bleiben in der Studie wichtige Infrastrukturdaten wie die Anzahl der Betreuungsplätze in Kitas, das Freizeitangebot für Familien oder die Angebot der Familienbildung. Bei einer Betrachtung dieser Faktoren wäre Lohne sicherlich besser platziert gewesen.

 

 

Familienfreundlichkeit spielt eine große Rolle in Lohne und hat auch politisch Tradition. Dies zeigen zahlreiche Entscheidungen der vergangenen Jahre. Beste Beispiele sind der Neubau der Vorzeige-Kindertagesstätte „Die großen Strolche“ an der Pariser Straße, aber auch der bald beginnende Bau des Kindergartens an der Von-Stauffenberg-Straße. Die Stadt Lohne investiert in neue Mensen, Fach- und Unterrichtsräume, in die Schulhöfe und die digitale Infrastruktur unserer Schulen. Sie bietet mit dem Lohner Waldbad eines der schönsten Freibäder der Region und mit dem Waldspielplatz einen Magneten für Familien der gesamten Umgebung. Dies sind nur einige von vielen Beispielen, die in der Studie keine Berücksichtigung fanden.

 

Die Stadt Lohne bietet Familien wirklich gute Lebensbedingungen. Dafür spricht nicht nur die deutschlandweit vergleichsweise hohe Geburtenrate, dafür sprechen auch die vielen Rückkehrer, die für ihr Studium, die Ausbildung oder die ersten Berufsjahre Lohne den Rücken kehren, aber spätestens dann zurückziehen, wenn Kinder kommen. Grund dafür sind natürlich die Wirtschaftsstärke Lohnes und die damit verbundenen vielen und guten Arbeitsplätze – insbesondere im produzierenden Gewerbe wie der Kunststoffindustrie, aber auch im Maschinenbau oder der Ernährungswirtschaft. Gleichzeitig finden Familien hier – im Vergleich zu vielen anderen Regionen und gerade den großen Ballungsräumen – bezahlbaren Wohnraum, ob als Eigentum oder als Miet-Immobilien, qualitativ und quantitativ gute Betreuungs- und Bildungsangebote von der Krippe, über die verschiedenen Schultypen bis zur Erwachsenenbildung und nicht zuletzt gute Freizeitmöglichkeiten. Nicht zu vergessen: das umfassende und vielfältige Vereinsleben, in dem sich viele Familien engagieren. Hier seien beispielhaft die Freilichtbühne, die Musikschule oder unser größter Sportverein, der TuS Blau-Weiß Lohne, erwähnt. All diese Faktoren wurden in der Studie leider nicht berücksichtigt.

 

Beratungsverlauf:

 

Herr Knospe stellte den Antrag der SPD vor. Im Anschluss erläuterte Herr Wolke die Beschlussvorlage.

 

Herr Bürgermeister Gerdesmeyer kritisierte an der Studie, dass lediglich 14 Parameter herangezogen wurden. Zu dem Punkt Beschäftigte Erziehung / Unterricht gab er zu bedenken, dass die Anzahl der Lehrer und Erzieher im Bezug zur Zahl der gesamt Beschäftigten steht und somit relativ ist. Einen besonderen Lehrermangel sieht er in Lohne nicht. Der hohe Anteil an Schüler ohne Schulabschluss ist sicherlich auch ein Stück auf den hohen Zuzug von Menschen mit Migrationshintergrund zurückzuführen. Die Herausforderung in diesem Bereich ist groß, allerdings wird hier bereits durch Schulsozialarbeiter und Flüchtlingssozialarbeiter entgegen gewirkt. Weiterhin erläuterte er, dass die Baulandpreise relativ günstig sind. Bezüglich der Wohnungsbewertung schnitt Lohne gut ab.

 

Herr Bürgermeister Gerdesmeyer ist der Ansicht, dass es gewagt sei, anhand dieser Kriterien zu sagen, dass Lohne nicht familienfreundlich sei.

 

Herr Knospe räumte ein, dass auch er nicht glücklich ist mit den 14 Faktoren, die zu Grunde gelegt wurden. Für Ihn war nicht nachzuvollziehen, wonach entschieden wurde.

Dennoch hält er z.B. einen Sozialbericht für Lohne wichtig. Es sind verlässliche Daten und eine weitergehende Recherche erforderlich. Im Bereich Integration gäbe es noch Nachholbedarf. Um hier weitergehende Maßnahmen und Projekte einleiten zu können, sollte in naher Zukunft nochmals über die Erstellung eines Sozialberichts nachgedacht werden.

 

Frau Deux zeigt in diesem Zusammenhang die positiven Aspekte in Lohne auf. Es sollte nicht alles zu kritisch gesehen werden.

 

Herr Bürgermeister Gerdesmeyer gab noch zu bedenken, dass solche Studien immer kritisch gesehen werden sollten. In anderen Bereichen z.B. schneidet die Stadt Lohne besser als andere Städte ab. Mit derartigen Studien sollte immer vorsichtig umgegangen werden.

 

Herr Knospe regte an, sich erneut mit dem Projekt „Kinderfreundliche Kommune“ zu befassen. Der Antrag wurde damals abgelehnt. Hier sollten auch die Kinder befragt werden. Es sollte mit den Kindern, nicht für die Kinder entschieden werden.

 

Über die Studie zu diskutieren hielt Frau Klee für wichtig. Sie sieht hier eine gute Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und zu schauen, was noch verbessert werden kann.

 

Die Ausschussmitglieder nahmen den Bericht zur Kenntnis, auf eine Beschlussfassung wurde seitens der Ausschussmitglieder verzichtet.