Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 32, Enthaltungen: 2

Beschluss:

 

1)    Die Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Lohne vom 11.12.2003, zuletzt geändert durch Satzung vom 17.06.2020, wird mit Wirkung zum 01.01.2022 abgeschafft. Die vorgestellte Aufhebungssatzung wird beschlossen.

 

2)    Die Verwaltung wird beauftragt, ein Finanzierungsmodell zu erarbeiten, wie die Gegenfinanzierung der entfallenden Einnahmen erfolgen kann.

 


Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 25.11.2021 hat die CDU-Fraktion die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung und zugleich die Eruierung von Finanzierungsmodellen beantragt, um die feh-lenden Einnahmen refinanzieren zu können. Der Antrag war der Vorlage als Anlage beigefügt.

 

In seiner Sitzung vom 15.12.2021 hat der Rat der Stadt Lohne diesen Antrag zur Beratung in den Ausschuss für Finanzen, Liegenschaften und Wirtschaftsförderung verwiesen.

 

Die Stadt Lohne erhebt bisher auf Grundlage der §§ 6 und 6b des Nds. Kommunalabgaben-gesetzes (NKAG) sowie ihrer Straßenausbaubeitragssatzung maßnahmenbezogene Straßenausbaubeiträge. Dies entspricht den haushaltsrechtlichen Grundsätzen des § 111 Abs. 5 Satz 1 / Abs. 6 NKomVG, wonach die Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel aus folgender grundsätzlichen Reihenfolge zu beschaffen haben:

 

1. sonstige Finanzmittel

2. soweit vertretbar und geboten, aus speziellen Entgelten (u.a. Straßenausbaubeiträge)

3. Steuern

4. Kredite

 

Nach § 111 Abs. 5 Satz 3 NKAG besteht keine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. Gleichzeitig dürfen Kommunen aber nach § 111 Abs. 6 nur dann Kredite auf-nehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.

Mit Datum vom 19.01.2022 haben die nds. Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf zur Änderung des NKomVG in den nds. Landtag eingebracht. Demnach soll § 111 NKomVG geändert, die absolute Nachrangigkeit von Kreditaufnahmen gegenüber Straßenausbaubeiträgen beseitigt und damit dieser rechtstechnische Widerspruch aufgelöst werden.

 

Straßenausbaubeiträge werden für die Erneuerung, Erweiterung und Verbesserung von Straßen verlangt. Außerdem dienen sie der Finanzierung aller städtischen Straßenerstausbauten sowie der Erneuerung / Erweiterung / Verbesserung gemeindlicher Straßenausbauten im baurechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB). Sie unterscheiden sich somit grundlegend von der Finanzierung der Ersterschließung von Straßen in Baugebieten aufgrund des § 127 ff. BauGB.

Das Land Niedersachsen hat im Oktober 2019 gesetzlich Erleichterungen für Beitrags-pflichtige ermöglicht (Anrechnung von Landesfördermitteln zugunsten der Beitragspflichtigen, Ratenzahlungen zu einem moderaten Zinssatz ohne besonderen Nachweis der Bedürftigkeit über 20 Jahre und ohne grundbuchrechtliche Absicherung). Zusätzlich hat die Stadt Lohne mit der Satzung vom März 2020 die bisherige Höhe der Anliegeranteile (Beitragssätze) bereits um ca. 1/3 bis 1/5 gesenkt.

 

Zwischen 2009 und 2018 wurden in Lohne für 11 Maßnahmen Straßenausbaubeiträge in Höhe von insgesamt ca. 613 Tsd. €  durch die Steuerabteilung veranlagt. Dabei handelte es sich vor allem um Nebenanlagen (Geh- und Radwege, Parkbuchten, Straßenbeleuchtung). Aus diesen Zahlen der Vergangenheit lassen sich aufgrund des allgemein guten Zustandes des Lohner Straßennetzes aber keine Schlüsse für die Zukunft ziehen, da in den nächsten Jahren trotz laufender Unterhaltung vermehrt ältere Straßen erneuerungsbedürftig werden. Außerdem hängt die Durchführung von Straßenbaumaßnahmen auch mit der nur zu diesem Zeitpunkt sinnvollen Erneuerung des Kanalnetzes (vor allem einer Erneuerung von Straßenzügen des RW-Kanals) durch den OOWV zusammen. Hierfür spielt wiederum neben dem baulichen Zustand der Kanalisation auch der Bedarf an Ableitungsvolumen aufgrund einer zunehmenden Versiegelung / Einleitung von Privatgrundstücken und die Einbeziehung häufigerer Starkregenereignisse in das öffentliche Netz eine Rolle.

 

Seit 2018 sind folgende Straßenbaumaßnahmen aufgrund der Straßenausbaubeitragssatzung abgerechnet worden:

 

           Lindenstraße 586 Tsd. €

           Hilge Beuken 57 Tsd. €

 

Folgende beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahmen würden in absehbarer Zeit (2023) zur Abrechnung anstehen:

 

           Steinfelder Straße ca. 150 Tsd. €

           Keetstraße ca. 50 Tsd. €

           Von-Stauffenberg-Str. ca. 457 Tsd. €

 

Belastbare dezidierte / jahresbezogene Aussagen über eine zukünftige Durchführung von abrechnungsfähigen Straßenbaumaßnahmen innerhalb und außerhalb der Ortslage Lohne können derzeit seitens der Verwaltung nicht getätigt werden.

 

Die Höhe der daraus resultierenden möglichen Straßenausbaubeiträge hängt, neben den derzeit stark steigenden Baukosten, von der individuellen verkehrlichen Bedeutung und z.B. den Kosten für die Entsorgung des Altmaterials einer Straße ab. Somit kann auch eine verbindliche Aussage über die aufgrund der Abschaffung der Satzung fehlenden jährlichen Finanzmittel im Moment nicht getroffen werden.

 

Aufgrund der Berechnungen vergleichbarer Kommunen wird mittelfristig von einer Finanzlücke von ca. 400 – 500 Tsd. € pro Jahr ausgegangen.

 

Beratungsverlauf:

 

Der Sprecher der Fraktion BI ProWald führte aus, dass viele Straßen früher nicht für den Durchgangsverkehr genutzt worden seien und die Anlieger hiervon profitiert haben. Mittlerweile habe sich dies geändert.

 

Die UBG-Fraktion nahm Bezug auf einen seinerzeit gestellten Antrag auf Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung, der jedoch abgelehnt worden sei. Im vergangenen Jahr sei der Antrag auf Bürgerbefragung gestellt worden. Kurz danach habe die CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag eingereicht, der nach Auffassung der UBG-Fraktion aus taktischen Gründen gestellt worden sei.

 

Es erfolgte dahingehende Kritik, dass die Frage der Finanzierung noch nicht gelöst worden sei. Wünschenswert wäre es gewesen, diese Problematik vor einer Entscheidung über die Aufhebung zu thematisieren.

Der Sprecher der CDU-Fraktion führte hierzu aus, dass Straßenausbaubeträge ein gutes Instrument dafür seien, handlungsfähig zu bleiben und gute Lebensqualität sowie ein hohes Qualitätsniveau sicherzustellen.

Aus umfassenden Beratungen sei das Ergebnis resultiert, dass eine Abschaffung möglich sei, jedoch geklärt werden müsse, in welcher Form eine entsprechende Finanzierung erfolgen könne. Da im laufenden Jahr keine Straßenausbauten berechnet werden müssen, sei ein zeitlicher Puffer vorhanden, um über alternative Finanzierungsmodelle zu beraten.

 

Ein Sprecher der SPD-Fraktion verwies auf den damaligen Antrag, über den in der Sitzung vom 17.06.2020 namentlich abgestimmt worden sei. Hieraus sei zu erkennen, dass die CDU-Fraktion diesen abgelehnt habe. Nachdem kurze Zeit später eine Bürgerbefragung beantragt worden sei, erkannte die CDU-Fraktion die Ungerechtigkeit und stellte den vorliegenden Antrag.

Der Sprecher betonte, dass nicht der Absender eines Antrags, sondern die Einsicht für eine Angelegenheit ausschlaggebend sei und der Antrag seitens der SPD-Fraktion befürwortet werde.