Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 17, Nein: 13, Enthaltungen: 2

Beschluss:

 

Die Stadt Lohne verzichtet auf die im Ratsbeschluss vom 22.3.2023 geforderte zusätzliche grundbuchliche Absicherung des Investitionszuschusses für den Umbau der Kita St. Michael.


Sachverhalt:

 

Der Rat der Stadt Lohne hat sich zuletzt im März 2023 mit der geplanten Umbaumaßnahme bei der 1975 errichteten Kindertagesstätte Sankt Michael, Bruchweg 2, befasst.

Auf Grundlage der Kostenschätzung des Architekturbüros Nordlohne aus dem Herbst 2021 zzgl. eines Zuschlages von 25 % Baukostensteigerung wurde ein Betrag in Höhe von 1,651 Millionen € als Basis für die finanzielle Beteiligung der Stadt Lohne angenommen.

 

Sowohl bei der ersten Beschlussfassung 2022 als auch im März 2023 hat der Rat die Förderung an die Bedingung geknüpft, dass die entstehende Forderung grundbuchlich abzusichern sei. Außerdem wurde durch den Ratsbeschluss der Zuschussbetrag auf 1,486 Mio. € gedeckelt = 90 % der o.g. erwarteten Baukosten.

 

Das Bischöflich Münster’sche Offizialat Vechta (BMO) hat die städtische Forderung der grundbuchlichen Absicherung zum Anlass genommen, diese Grundsatzfrage in die Kleine Kommission des Arbeitskreises Kindergarten einzubringen und dort vorzutragen. Zweck dieser Kommission ist es, einheitliche Handlungsempfehlungen in allen Bereichen der katholischen Kindertagesstätten des Oldenburger Landes (z.B. Personalausstattung und Entgeltfragen, Finanzausstattung, Arbeitsorganisation) zu erreichen.

Mitglieder dieser Kleinen Kommission von insgesamt acht Personen sind neben drei Vertretern des BMO auch die Bürgermeister aus Bakum, Holdorf, Bösel, Essen (Oldb) sowie die erste Stadträtin der Stadt Vechta.

Als Ergebnis der Beratung am 13. Juni 2023 wurde im Sitzungsprotokoll formuliert, dass die Sitzungsteilnehmer sich einig waren, dass der Forderung der Stadt Lohne auf Eintragung einer Grundschuld nicht gefolgt wird. Hier solle kein Sonderweg beschritten werden. Dies wurde auf Nachfrage vom Bakumer Bürgermeister inhaltlich bestätigt.

 

Aufgrund dieser einstimmigen Entscheidung der Kleinen Kommission sollte aus Sicht der Stadtverwaltung daher auf die zwingende Verpflichtung zur grundbuchlichen Sicherung der Forderung verzichtet werden, um das überfällige Bauvorhaben auf den Weg zu bringen.

 

Die Stadt Lohne behält sich regelmäßig im Zuwendungsbescheid für Kitas eine Absicherung durch entsprechende Widerrufs- und Rückforderungsvorbehalte vor (wie bei jedem Investitionszuschuss der Stadt Lohne üblich). Dies ist auch im konkreten Fall mit einer Zweckbindung von 25 Jahren für das Gebäude erfolgt. Ein Rückgriff wäre aufgrund der Finanzströme im Kita-Bereich im Bedarfsfall auch tatsächlich möglich.

 

In einigen anderen Kommunen wurden in letzter Zeit im Kindertagesstättenbereich auch vergleichbare Finanzierungsvereinbarungen zwischen der örtlichen Kirchengemeinde (mit Einbindung des BMO) als Trägerin einer Kindertagesstätte und gleichzeitig Trägerin der Baumaßnahme sowie der jeweiligen politischen Gemeinde abgeschlossen. Diese Möglichkeit kommt auch (ergänzend) für den Umbau der Kita Sankt Michael in Betracht. Ein Entwurf einer solchen Finanzierungsvereinbarung wurde mit dem BMO abgestimmt.

 

Beratungsverlauf:

Nach der Vorstellung des Sachverhalts und den Ergebnissen der Vorberatung durch die Verwaltung stellt ein Ratsmitglied heraus, dass die UBG-Fraktion hinter dem Umbau des Kindergartens St. Michael stehe. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um die Absicherung des Investitionszuschusses. Bei der Entscheidung der Kleinen Kommission, in welcher die Stadt Lohne nicht vertreten sei, handele es sich um eine Handlungsempfehlung, welche kein Machtinstrument darstellen und das kommunale Selbstverwaltungsrecht untergraben dürfe. Bei der damaligen Beratung über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge sei man ebenfalls dem Vorschlag des Kreisverbandes Vechta des Nds. Städte- und Gemeindebundes nicht gefolgt. Daher müsse es auch vorliegend möglich sein, sich über die Handlungsempfehlung der Kleinen Kommission hinweg zu setzen. Es sei fraglich, ob sich in 25 Jahren die Rechtslage nicht ändern werde, wodurch eine Absicherung des Investitionszuschusses über den Zuwendungsbescheid oder eine zusätzliche Finanzierungsvereinbarung nicht mehr ausreichend wären. Daher sei eine größtmögliche Absicherung über eine grundbuchliche Eintragung erforderlich. Die dadurch entstehende Verzögerung liege nicht im Verantwortungsbereich der Ratsmitglieder, sondern die Verantwortung für die Verzögerungen liege an der Vorgehensweise und den Entscheidungen des Offizialats. Sollte der Ratsbeschluss vom 22.03.2023 über die grundbuchliche Absicherung des Investitionszuschusses aufgehoben werden, sende dies ein schlechtes Signal an die Bevölkerung und an künftige Vertragspartner der Stadt Lohne. Daher appelliere die UBG-Fraktion zur Nichtzustimmung des Beschlussvorschlags.

 

Ein anderes Ratsmitglied stimmt den genannten Ausführungen grundsätzlich zu und stellt die Frage in den Raum, ob die grundbuchliche Absicherung von Investitionszuschüssen ein Novum sei. Darüber hinaus sei fraglich, was bei einer Ablehnung des Beschlussvorschlags passieren würde.

 

Verwaltungsseitig wird hierzu ausgeführt, dass nach dem Beschluss über die grundbuchliche Absicherung Gespräche mit der Kirche geführt wurden. Dabei habe man nicht gewusst, dass eine grundbuchliche Absicherung ein Novum sei. Bei der Stadt Lohne sei eine grundbuchliche Absicherung zumindest kein Novum, da der Investitionszuschuss für die Erneuerung der Schwimmbadtechnik des Bewegungsbades an die St. Franziskus-Hospital GmbH grundbuchlich abgesichert wurde. Sollte die Stadt Lohne entgegen der Entscheidung der Kleinen Kommission weiterhin auf eine grundbuchliche Absicherung bestehen, werde sich die Kirche womöglich weniger stark für das Projekt einsetzen. Darüber hinaus sei der Beschluss über die grundbuchliche Absicherung beim Bewegungsbad nicht mit der vorliegenden Situation vergleichbar. Zwischen der Kirchengemeinde St. Gertrud und der Stadt Lohne gebe es intensive finanzielle Beziehungen mit hohen laufenden Finanzströmen, welche es zwischen der Stadt Lohne und dem St. Franziskus-Hospital nicht gebe. Daher seien bei einer Nichteinhaltung der Zweckbindung des Investitionszuschusses durch eine Aufrechnungserklärung Verrechnungen gegenüber der Kirchengemeinde möglich, wodurch eine ausreichende Absicherung im Zuwendungsbescheid gegeben sei.

 

Ein Ratsmitglied stellt heraus, dass die Gruppe SPD–Bündnis 90/Die Grünen den Umbau des Kindergartens zwar ebenfalls befürworte, den Ausführungen der Verwaltung jedoch nicht vollständig gefolgt werde. Es sei fraglich, warum das Offizialat den Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung vorschlage, obwohl nach den Ausführungen der Verwaltung der Zuwendungsbescheid ausreichend sei. Die Auffassung und Forderung der Gruppe SPD–Bündnis 90/Die Grünen sei es, Investitionen an Kindergärten in fremder Trägerschaft bzw. generell Investitionen in Fremdimmobilien nachhaltig abzusichern. Bei einem Verkauf der Immobilie werde die Stadt Lohne an den Wertsteigerungen nicht beteiligt. Dabei sei die Eintragung einer brieflosen Grundschuld nichts Neues. Der Landkreis Vechta nutze dieses Instrument ebenfalls. Da bei einer Zweckbindungsfrist von 25 Jahren nach diesem Zeitraum keine Rückforderungen mehr gestellt werden könnten, werde im Hinblick auf die Abschreibungsdauer von Kitas in Massivbauweise nach der AfA-Tabelle vorgeschlagen, die Zweckbindungsfrist auf mindestens 50 Jahre zu erhöhen. Darüber hinaus entstehen ohnehin durch die abflachende Finanzierungsbeteiligung der Kirche Mehrkosten für die Stadt Lohne. Durch die Regelung in § 3 der Finanzierungsvereinbarung würde die Stadt Lohne jegliche Mehrkosten zu 10 % tragen müssen. Aufgrund der kaufmännischen und finanzpolitischen Verantwortung ergeben sich drei Forderungen. Der Zweckbindungszeitraum in § 4 der Finanzierungsvereinbarung solle von 25 auf 50 Jahre erhöht werden. Der § 3 Abs. 2 der Finanzierungsvereinbarung solle gestrichen werden, da die Mehrkostenbeteiligung einen Freibrief für die Kirche darstelle und der Träger die Mehrkosten tragen müsse. Von der Kirchengemeinde müsse man ein verlässliches Baukostencontrolling erwarten können. Der Stadtrat solle zukünftig Zuschüsse an Dritte entsprechend absichern. Da es sich um Steuergelder handele, müssen aufgrund von kaufmännischen und finanzpolitischen Überlegungen gleiche Verhältnisse geschaffen werden.

 

Verwaltungsseitig wird klargestellt, dass seitens der Verwaltung der Abschluss einer zusätzlichen Finanzierungsvereinbarung nicht beabsichtigt sei, da diese inhaltsgleiche Regelungen wie der Zuwendungsbescheid enthalte. Im Verwaltungsausschuss sei die Finanzierungsvereinbarung lediglich als weitere Möglichkeit der Absicherung eines Investitionszuschusses vorgestellt worden. Der Zuwendungsbescheid sei insoweit ausreichend. Der Beschlussvorschlag beziehe sich auch nicht auf den Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung. Eine Grundschuld könne im Grundbuch immer nur für einen bestimmten Zweck eingetragen werden. Nach dem Zweckbindungszeitraum bestehe ein Anspruch auf Löschung der Eintragung. Eine Beteiligung bei Wertsteigerungen könne über die grundbuchliche Absicherung des Investitionszuschusses nicht erreicht werden, sondern es handele sich lediglich um die Absicherung des Zuschusses an sich. Eine Partizipation am Verkaufserlös sei somit nicht möglich. Bezüglich der abflachenden Finanzierungsbeteiligung der Kirche von 10 % auf 5 % wird herausgestellt, dass die Stadt Lohne bei Kitas in freier Trägerschaft 100 % der Kosten tragen müsse.

 

Ein Ratsmitglied merkt an, dass es in letzter Zeit einige Reibungspunkte mit der Kirche gebe und der Eindruck entstehe, dass man sich nicht mehr auf Augenhöhe begegne. Es sei eine Überlegung wert, auf die 5 % der Kirche gänzlich zu verzichten. Bezüglich des Investitionszuschusses sei eine Absicherung über den Zuwendungsbescheid oder durch die zusätzliche Finanzierungsvereinbarung ausreichend. Sollte die Finanzierungsvereinbarung geschlossen werden, müsse der Zuschuss gedeckelt werden, wodurch die Kirche die Mehrkosten tragen müsse.

 

Ein weiteres Ratsmitglied stellt heraus, dass Einigkeit über die Notwendigkeit des Umbaus des Kindergartens bestehe. Um zeitnah das Projekt beginnen zu können, sei es notwendig, sich dem Beschlussvorschlag anzuschließen und damit auf die grundbuchliche Absicherung zu verzichten. Man könne die Entscheidung kritisch sehen, jedoch müsse man bedenken, dass die Kirche immerhin 10 % der Kosten übernehme.

 

Ein Ratsmitglied stellt die Frage in den Raum, warum die Möglichkeit einer Finanzierungsvereinbarung vorgeschlagen wurde, obwohl die Verwaltung die Regelungen im Zuwendungsbescheid für ausreichend halte. Eine grundbuchliche Absicherung sei erforderlich, da bei einer kirchlichen Trägerschaft Probleme auftreten könnten.

 

Verwaltungsseitig wird erläutert, dass bei einer kommunalen Trägerschaft der Kitas erheblich mehr Aufgaben auf die Stadt Lohne zukommen würden und das Personal selbst angestellt werden müsse. Darüber hinaus müssen auch dann die Investitionen getätigt und vollständig übernommen werden. Daher sei man mit der derzeitigen Situation gut aufgestellt. Die brieflose Grundschuld sei auf Antrag der SPD-Fraktion im damaligen Beschluss ergänzt worden. Verwaltungsseitig wird hierin kein Mehrwert gesehen, da Aufrechnungserklärungen gegenüber der Kirche möglich seien. In anderen Fällen könne eine grundbuchliche Absicherung jedoch durchaus sinnvoll sein. Ein möglicher Grund für die Entscheidung des Offizialats könnte darin liegen, dass die Grundschuldbestellung mit Kosten und Personalaufwand in Hinblick auf die hohe Anzahl an Trägerschaften verbunden sei.

 

Auf Nachfrage eines Ratsmitglieds zum Inhalt des Zuwendungsbescheids wird verwaltungsseitig erklärt, dass dort ein Zweckbindungszeitraum von 25 Jahren festgesetzt und der Zuschuss gedeckelt sei. Im Zuge der Beratung über den Zuschuss wurde verwaltungsseitig darauf hingewiesen, dass bei einer Deckelung der Rat bei Mehrkosten erneut über einen Zuschuss beraten und entscheiden müsse. Die Beteiligungs- und Kontrollrechte der Stadt Lohne werden im Zuwendungsbescheid ausreichend berücksichtigt.

 

Ein Ratsmitglied stellt in Frage, ob der Zuwendungsbescheid rechtssicher sei und merkt an, dass in Hinblick auf den Umgang mit Steuergeldern eine zusätzliche Absicherung durch einen Vertrag in Betracht gezogen werden solle.

 

Ein weiteres Ratsmitglied gibt zu bedenken, ob man den Beschluss bei absehbaren Mehrkosten überhaupt fassen solle.

 

Ein anderes Ratsmitglied fasst zusammen, dass der Investitionszuschuss an die Kirche gedeckelt sei und es vorliegend nur um die grundbuchliche Absicherung des Zuschusses gehe. Die Deckelung bleibe weiterhin bestehen.

 

Auf Nachfrage des Ratsvorsitzenden und nach Klarstellung der Verwaltung, dass die Finanzierungsvereinbarung lediglich als zusätzliche Möglichkeit vorgestellt wurde, verwaltungsseitig jedoch eine Absicherung durch den Zuwendungsbescheid ausreichend sei, werden seitens der Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen die Änderungsanträge zurückgezogen.