Sitzung: 16.08.2023 RAT
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 17, Nein: 13, Enthaltungen: 2
Vorlage: 20/022/2023
Beschluss:
Die Stadt Lohne verzichtet auf die im Ratsbeschluss vom 22.3.2023 geforderte zusätzliche grundbuchliche Absicherung des Investitionszuschusses für den Umbau der Kita St. Michael.
Sachverhalt:
Der Rat der Stadt
Lohne hat sich zuletzt im März 2023 mit der geplanten Umbaumaßnahme bei der
1975 errichteten Kindertagesstätte Sankt Michael, Bruchweg 2, befasst.
Auf Grundlage der
Kostenschätzung des Architekturbüros Nordlohne aus dem Herbst 2021 zzgl. eines
Zuschlages von 25 % Baukostensteigerung wurde ein Betrag in Höhe von 1,651
Millionen € als Basis für die finanzielle Beteiligung der Stadt Lohne
angenommen.
Sowohl bei der
ersten Beschlussfassung 2022 als auch im März 2023 hat der Rat die Förderung an
die Bedingung geknüpft, dass die entstehende Forderung grundbuchlich
abzusichern sei. Außerdem wurde durch den Ratsbeschluss der Zuschussbetrag auf
1,486 Mio. € gedeckelt = 90 % der o.g. erwarteten Baukosten.
Das Bischöflich
Münster’sche Offizialat Vechta (BMO) hat die städtische Forderung der
grundbuchlichen Absicherung zum Anlass genommen, diese Grundsatzfrage in die
Kleine Kommission des Arbeitskreises Kindergarten einzubringen und dort
vorzutragen. Zweck dieser Kommission ist es, einheitliche Handlungsempfehlungen
in allen Bereichen der katholischen Kindertagesstätten des Oldenburger Landes
(z.B. Personalausstattung und Entgeltfragen, Finanzausstattung,
Arbeitsorganisation) zu erreichen.
Mitglieder dieser
Kleinen Kommission von insgesamt acht Personen sind neben drei Vertretern des
BMO auch die Bürgermeister aus Bakum, Holdorf, Bösel, Essen (Oldb) sowie die
erste Stadträtin der Stadt Vechta.
Als Ergebnis der
Beratung am 13. Juni 2023 wurde im Sitzungsprotokoll formuliert, dass die
Sitzungsteilnehmer sich einig waren, dass der Forderung der Stadt Lohne auf
Eintragung einer Grundschuld nicht gefolgt wird. Hier solle kein Sonderweg
beschritten werden. Dies wurde auf Nachfrage vom Bakumer Bürgermeister
inhaltlich bestätigt.
Aufgrund dieser
einstimmigen Entscheidung der Kleinen Kommission sollte aus Sicht der
Stadtverwaltung daher auf die zwingende Verpflichtung zur grundbuchlichen
Sicherung der Forderung verzichtet werden, um das überfällige Bauvorhaben auf
den Weg zu bringen.
Die Stadt Lohne
behält sich regelmäßig im Zuwendungsbescheid für Kitas eine Absicherung
durch entsprechende Widerrufs- und Rückforderungsvorbehalte vor (wie bei jedem
Investitionszuschuss der Stadt Lohne üblich). Dies ist auch im konkreten Fall
mit einer Zweckbindung von 25 Jahren für das Gebäude erfolgt. Ein Rückgriff
wäre aufgrund der Finanzströme im Kita-Bereich im Bedarfsfall auch tatsächlich
möglich.
In einigen
anderen Kommunen wurden in letzter Zeit im Kindertagesstättenbereich auch
vergleichbare Finanzierungsvereinbarungen zwischen der örtlichen
Kirchengemeinde (mit Einbindung des BMO) als Trägerin einer Kindertagesstätte
und gleichzeitig Trägerin der Baumaßnahme sowie der jeweiligen politischen
Gemeinde abgeschlossen. Diese Möglichkeit kommt auch (ergänzend) für den Umbau
der Kita Sankt Michael in Betracht. Ein Entwurf einer solchen
Finanzierungsvereinbarung wurde mit dem BMO abgestimmt.
Beratungsverlauf:
Ein
anderes Ratsmitglied stimmt den genannten Ausführungen grundsätzlich zu und
stellt die Frage in den Raum, ob die grundbuchliche Absicherung von
Investitionszuschüssen ein Novum sei. Darüber hinaus sei fraglich, was bei
einer Ablehnung des Beschlussvorschlags passieren würde.
Verwaltungsseitig
wird hierzu ausgeführt, dass nach dem Beschluss über die grundbuchliche
Absicherung Gespräche mit der Kirche geführt wurden. Dabei habe man nicht
gewusst, dass eine grundbuchliche Absicherung ein Novum sei. Bei der Stadt
Lohne sei eine grundbuchliche Absicherung zumindest kein Novum, da der
Investitionszuschuss für die Erneuerung der Schwimmbadtechnik des
Bewegungsbades an die St. Franziskus-Hospital GmbH grundbuchlich abgesichert
wurde. Sollte die Stadt Lohne entgegen der Entscheidung der Kleinen Kommission
weiterhin auf eine grundbuchliche Absicherung bestehen, werde sich die Kirche
womöglich weniger stark für das Projekt einsetzen. Darüber hinaus sei der
Beschluss über die grundbuchliche Absicherung beim Bewegungsbad nicht mit der
vorliegenden Situation vergleichbar. Zwischen der Kirchengemeinde St. Gertrud
und der Stadt Lohne gebe es intensive finanzielle Beziehungen mit hohen
laufenden Finanzströmen, welche es zwischen der Stadt Lohne und dem St.
Franziskus-Hospital nicht gebe. Daher seien bei einer Nichteinhaltung der
Zweckbindung des Investitionszuschusses durch eine Aufrechnungserklärung
Verrechnungen gegenüber der Kirchengemeinde möglich, wodurch eine ausreichende
Absicherung im Zuwendungsbescheid gegeben sei.
Ein
Ratsmitglied stellt heraus, dass die Gruppe SPD–Bündnis 90/Die Grünen den Umbau
des Kindergartens zwar ebenfalls befürworte, den Ausführungen der Verwaltung
jedoch nicht vollständig gefolgt werde. Es sei fraglich, warum das Offizialat
den Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung vorschlage, obwohl nach den
Ausführungen der Verwaltung der Zuwendungsbescheid ausreichend sei. Die
Auffassung und Forderung der Gruppe SPD–Bündnis 90/Die Grünen sei es,
Investitionen an Kindergärten in fremder Trägerschaft bzw. generell
Investitionen in Fremdimmobilien nachhaltig abzusichern. Bei einem Verkauf der
Immobilie werde die Stadt Lohne an den Wertsteigerungen nicht beteiligt. Dabei
sei die Eintragung einer brieflosen Grundschuld nichts Neues. Der Landkreis
Vechta nutze dieses Instrument ebenfalls. Da bei einer Zweckbindungsfrist von
25 Jahren nach diesem Zeitraum keine Rückforderungen mehr gestellt werden
könnten, werde im Hinblick auf die Abschreibungsdauer von Kitas in
Massivbauweise nach der AfA-Tabelle vorgeschlagen, die Zweckbindungsfrist auf
mindestens 50 Jahre zu erhöhen. Darüber hinaus entstehen ohnehin durch die
abflachende Finanzierungsbeteiligung der Kirche Mehrkosten für die Stadt Lohne.
Durch die Regelung in § 3 der Finanzierungsvereinbarung würde die Stadt Lohne
jegliche Mehrkosten zu 10 % tragen müssen. Aufgrund der kaufmännischen und
finanzpolitischen Verantwortung ergeben sich drei Forderungen. Der
Zweckbindungszeitraum in § 4 der Finanzierungsvereinbarung solle von 25 auf 50
Jahre erhöht werden. Der § 3 Abs. 2 der Finanzierungsvereinbarung solle
gestrichen werden, da die Mehrkostenbeteiligung einen Freibrief für die Kirche
darstelle und der Träger die Mehrkosten tragen müsse. Von der Kirchengemeinde
müsse man ein verlässliches Baukostencontrolling erwarten können. Der Stadtrat
solle zukünftig Zuschüsse an Dritte entsprechend absichern. Da es sich um
Steuergelder handele, müssen aufgrund von kaufmännischen und finanzpolitischen
Überlegungen gleiche Verhältnisse geschaffen werden.
Verwaltungsseitig
wird klargestellt, dass seitens der Verwaltung der Abschluss einer zusätzlichen
Finanzierungsvereinbarung nicht beabsichtigt sei, da diese inhaltsgleiche
Regelungen wie der Zuwendungsbescheid enthalte. Im Verwaltungsausschuss sei die
Finanzierungsvereinbarung lediglich als weitere Möglichkeit der Absicherung
eines Investitionszuschusses vorgestellt worden. Der Zuwendungsbescheid sei
insoweit ausreichend. Der Beschlussvorschlag beziehe sich auch nicht auf den
Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung. Eine Grundschuld könne im Grundbuch
immer nur für einen bestimmten Zweck eingetragen werden. Nach dem
Zweckbindungszeitraum bestehe ein Anspruch auf Löschung der Eintragung. Eine
Beteiligung bei Wertsteigerungen könne über die grundbuchliche Absicherung des
Investitionszuschusses nicht erreicht werden, sondern es handele sich lediglich
um die Absicherung des Zuschusses an sich. Eine Partizipation am Verkaufserlös
sei somit nicht möglich. Bezüglich der abflachenden Finanzierungsbeteiligung
der Kirche von 10 % auf 5 % wird herausgestellt, dass die Stadt Lohne bei Kitas
in freier Trägerschaft 100 % der Kosten tragen müsse.
Ein
Ratsmitglied merkt an, dass es in letzter Zeit einige Reibungspunkte mit der
Kirche gebe und der Eindruck entstehe, dass man sich nicht mehr auf Augenhöhe
begegne. Es sei eine Überlegung wert, auf die 5 % der Kirche gänzlich zu
verzichten. Bezüglich des Investitionszuschusses sei eine Absicherung über den
Zuwendungsbescheid oder durch die zusätzliche Finanzierungsvereinbarung
ausreichend. Sollte die Finanzierungsvereinbarung geschlossen werden, müsse der
Zuschuss gedeckelt werden, wodurch die Kirche die Mehrkosten tragen müsse.
Ein
weiteres Ratsmitglied stellt heraus, dass Einigkeit über die Notwendigkeit des
Umbaus des Kindergartens bestehe. Um zeitnah das Projekt beginnen zu können,
sei es notwendig, sich dem Beschlussvorschlag anzuschließen und damit auf die
grundbuchliche Absicherung zu verzichten. Man könne die Entscheidung kritisch
sehen, jedoch müsse man bedenken, dass die Kirche immerhin 10 % der Kosten
übernehme.
Ein
Ratsmitglied stellt die Frage in den Raum, warum die Möglichkeit einer Finanzierungsvereinbarung
vorgeschlagen wurde, obwohl die Verwaltung die Regelungen im Zuwendungsbescheid
für ausreichend halte. Eine grundbuchliche Absicherung sei erforderlich, da bei
einer kirchlichen Trägerschaft Probleme auftreten könnten.
Verwaltungsseitig
wird erläutert, dass bei einer kommunalen Trägerschaft der Kitas erheblich mehr
Aufgaben auf die Stadt Lohne zukommen würden und das Personal selbst angestellt
werden müsse. Darüber hinaus müssen auch dann die Investitionen getätigt und
vollständig übernommen werden. Daher sei man mit der derzeitigen Situation gut
aufgestellt. Die brieflose Grundschuld sei auf Antrag der SPD-Fraktion im
damaligen Beschluss ergänzt worden. Verwaltungsseitig wird hierin kein Mehrwert
gesehen, da Aufrechnungserklärungen gegenüber der Kirche möglich seien. In
anderen Fällen könne eine grundbuchliche Absicherung jedoch durchaus sinnvoll
sein. Ein möglicher Grund für die Entscheidung des Offizialats könnte darin
liegen, dass die Grundschuldbestellung mit Kosten und Personalaufwand in
Hinblick auf die hohe Anzahl an Trägerschaften verbunden sei.
Auf
Nachfrage eines Ratsmitglieds zum Inhalt des Zuwendungsbescheids wird
verwaltungsseitig erklärt, dass dort ein Zweckbindungszeitraum von 25 Jahren
festgesetzt und der Zuschuss gedeckelt sei. Im Zuge der Beratung über den
Zuschuss wurde verwaltungsseitig darauf hingewiesen, dass bei einer Deckelung
der Rat bei Mehrkosten erneut über einen Zuschuss beraten und entscheiden
müsse. Die Beteiligungs- und Kontrollrechte der Stadt Lohne werden im
Zuwendungsbescheid ausreichend berücksichtigt.
Ein
Ratsmitglied stellt in Frage, ob der Zuwendungsbescheid rechtssicher sei und
merkt an, dass in Hinblick auf den Umgang mit Steuergeldern eine zusätzliche
Absicherung durch einen Vertrag in Betracht gezogen werden solle.
Ein
weiteres Ratsmitglied gibt zu bedenken, ob man den Beschluss bei absehbaren
Mehrkosten überhaupt fassen solle.
Ein
anderes Ratsmitglied fasst zusammen, dass der Investitionszuschuss an die
Kirche gedeckelt sei und es vorliegend nur um die grundbuchliche Absicherung
des Zuschusses gehe. Die Deckelung bleibe weiterhin bestehen.
Auf
Nachfrage des Ratsvorsitzenden und nach Klarstellung der Verwaltung, dass die
Finanzierungsvereinbarung lediglich als zusätzliche Möglichkeit vorgestellt wurde,
verwaltungsseitig jedoch eine Absicherung durch den Zuwendungsbescheid
ausreichend sei, werden seitens der Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen die
Änderungsanträge zurückgezogen.