Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 10, Nein: 4, Enthaltungen: 0

Beschlussempfehlung:

 

Die Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern in der Stadt Lohne (Hebesatzsatzung) wird beschlossen.

 


Sachverhalt:

 

Gemeinden erheben ihre Grund- und Gewerbesteuern (Realsteuern) durch die Anwendung von sogenannten Hebesätzen (Vervielfältiger) auf die den Steuerpflichtigen per Einzelbescheid mitgeteilten Messbeträge (Grundlagendaten) der Finanzämter. Die Höhe der Hebesätze beträgt für die Grundsteuer A und B 275 v.H. (seit 1998), für die Gewerbesteuer 330 v.H. (seit 2016). Aufgrund der vom Bundesgesetzgeber festgesetzten Grundsteuerreform wurden im Jahr 2022 sämtliche Grundeigentümer aufgefordert, für ihre besteuerten Grundstücke neue Angaben zu machen, aus denen das Finanzamt dann neue Grundsteuermessbeträge ermittelt. In die Ermittlung der neuen Grundsteuermessbeträge fließen der Bodenrichtwert anhand der jeweiligen Lage, die Grundstücksgröße sowie die mitgeteilte Wohn-/Nutzfläche ein. Auf die Wohn-/Nutzfläche werden noch unterschiedliche Äquivalenzkennziffern angewandt – hieraus ergibt sich am Ende die neue Bemessungsgrundlage für jedes Grundstück. Für Lohne sind ca. 10.000 Grundsteuerobjekte zu veranlagen und zu bescheiden. Der zukünftige Maßstab ist mit dem bisherigen systematisch nicht vergleichbar. Daher weicht der festgestellte Grundsteuermessbetrag in praktisch jedem Einzelfall von dem jetzt geltenden Wert ab, sei es nach oben oder nach unten. Laut Mitteilung der Finanzverwaltung lagen Mitte August 2023 für ca. 72 % der Lohner Objekte Steuermessbeträge vor. Voraussichtlich zur Jahresmitte 2024 wird die Summe aller Lohner Messbeträge vorläufig bekannt sein. Ein Teil der Grundsteuermessbeträge wird dabei von der Finanzverwaltung wegen mangelhafter Mitwirkung geschätzt werden müssen. Außerdem dürften für einen Teil der festgesetzten Messbeträge noch Einspruchsverfahren beim Finanzamt anhängig sein. Laut § 7 des Nds. Grundsteuergesetzes muss jede niedersächsische Kommune ermitteln, wie hoch rechnerisch der Hebesatz nach neuem Recht (ab 2025) sein müsste, dessen Anwendung im Gesamtaufkommen 1:1 den Grundsteuereinnahmen des Haushaltsplans 2024 bei Anwendung des bisherigen Hebesatzes entspricht (aufkommensneutraler Hebesatz). Um im Jahr 2025 dieselbe Grundsteuerhöhe wie im Jahr 2024 einzunehmen, wird 2025 höchstwahrscheinlich in jeder Kommune ein anderer Hebesatz als im Jahr 2024 anzuwenden sein. Für eine insoweit optimale Umsetzung der neuen Grundsteuerbesteuerung schlägt die Verwaltung vor, dass in der Stadt Lohne eine eigene Hebesatzsatzung für Grund- und Gewerbesteuern erlassen wird. Sie gilt nicht nur für ein Kalenderjahr, sondern ohne zeitliche Beschränkung, und ist nicht genehmigungspflichtig. Würde der Hebesatz erst wie üblich mit der Haushaltssatzung für das Jahr 2025 festgesetzt, so könnte nicht garantiert werden, dass die vorläufige Haushaltsführung incl. Verabschiedung des Haushaltsplans, Genehmigung durch die Kommunalaufsicht und öffentlicher Auslegung bis zum 12.01.2025 beendet ist (späteste Versendung der Grundsteuerbescheide für den Zahlungstermin 15.02.2023). In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung dürfen gemäß § 116 NKomVG Steuern nur nach den in der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzten Hebesätzen erhoben werden. Dies würde zu zusätzlichem Aufwand bei den Steuerpflichtigen und der Finanzabteilung (Änderung von Daueraufträgen, Verrechnung von Überzahlungen / Nachholung von Nachzahlungen) im Jahresverlauf 2025 führen. Die gesonderte Hebesatzsatzung kann dagegen unmittelbar nach der amtlichen Bekanntmachung zum 01.01. eines Jahres in Kraft treten. Dadurch können bereits rechtzeitig vor der Fälligkeit der 1. Grundsteuerrate am 15. Februar die neuen Grundsteuerbescheide an die Steuerpflichtigen versandt werden. In der jährlichen Haushaltssatzung werden die durch die Hebesatzsatzung festgesetzten Hebesätze nur noch nachrichtlich aufgeführt. Beispielhaft stehen für eine solche dauerhafte Hebesatzsatzung seit Jahren z.B. die Kommunen Hannover, Göttingen, Wilhelmshaven, Lüneburg, Celle, Cuxhaven, Aurich, Burgdorf, Garbsen, Goslar, Laatzen, Leer, Lehrte, Nienburg, Peine, Stade, Wildeshausen, Damme, Steinfeld und Neuenkirchen-Vörden. Hier hat sich die dauerhafte Hebesatzsatzung auch bewährt. Im Rahmen der Grundsteuerreform wird eine weitere nennenswerte Zahl von Kommunen voraussichtlich diesen Weg gehen. Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Haushaltsplanung 2024 vorgeschlagenen Hebesatzerhöhung für die Grundsteuer (330 v.H. für die Grundsteuer A und B) wird der Erlass der der Vorlage beigefügten Realsteuer-Hebesatzsatzung vorgeschlagen.

 

Beratungsverlauf:

 

Stadtkämmerer Theder erläuterte die Beschlussvorlage und legte die Vorteile einer Hebesatzsatzung für die Grund- und Gewerbesteuer dar. Dabei ging er ausführlich auf die aktuelle Verteilung der Grundsteuer B bei den insgesamt 9844 Lohner Steuerobjekten ein und stellte anhand mehrerer Grafiken dar, wie sich die Mehrbelastung bei der geplanten Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze künftig auf die Steuerobjekte verteilen wird.

 

Ein Sprecher der Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen teilte nach dem Vortrag der Verwaltung mit, dass diese wohl davon ausgehe, dass auch künftig der Haushalt nicht fristgerecht beschlossen werde und Zeiten vorläufiger Haushaltsführung einplane. Die geplante Erhöhung wurde mit dem Hinweis auf die vielen Ergebnisüberschüsse und angesammelten Ergebnisrücklagen als unnötig und unsozial bezeichnet und ergänzte, dass auch ohne Erhöhung der Hebesätze alle Rechnungen bezahlt werden können. Eine Sprecherin der Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen lehnte die Grundsteuerhebesatzerhöhung mit dem Hinweis auf die Belastungen der Haushalte durch die Corona-Pandemie, die Ukraine-Kriegsauswirkungen sowie die hierdurch gestiegenen Unterhaltungskosten ab.

 

Ein Sprecher der CDU-Fraktion teilte mit, dass die Grundsteuerhebesätze seit 25 Jahren unverändert seien und auch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gegenfinanziert werden müsse.

 

Bürgermeisterin Dr. Voet sagte, dass Steuererhöhungen nie populär seien. Sie wies aber darauf hin, dass durch die niedrigen Hebesätze für jeden eingenommenen Euro bei der Grundsteuer mittlerweile etwa 1,20 € wieder im Finanzausgleich abgeführt werden müssen, so dass nach etwa 25 Jahren und aufgrund der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge eine Anpassung notwendig sei.

 

Ein Sprecher der Fraktion ProWald merkte an, dass Einnahmen aus der Grundsteuer A und B insgesamt 5 Millionen € betragen und sich die Gewerbesteuereinnahmen allein auf 28 Millionen € belaufen. Laut seiner Aussage hätten die meisten Firmen bei einer Gewerbesteuererhöhung nichts zu befürchten, weil die Ausgaben mit der Einkommensteuer verrechnet würden.

 

Stadtkämmerer Theder führte nochmal zu der geplanten Grundsteuererhöhung aus und zeigte und erläuterte Auszüge aus Berichten sowie Tabellen des Landesamtes für Statistik, um zu verdeutlichen, warum eine Erhöhung aus Sicht der Verwaltung erforderlich sei. Dabei wurde herausgestellt, dass die Stadt Lohne seit 2004 bei der Grundsteuer mehr wieder abführen muss, als sie einnimmt. Aktuell liege die Zuzahlung bei 19,6 %. Auch erklärte Herr Theder, warum der Haushalt – selbst wenn der Rat Mitte Dezember den Haushalt beschließe - für einen gewissen Zeitraum vorläufig geführt werde. Ihm sei es wichtig, mit einem vernünftig aufgestellten Haushalt zu starten, der vom Landkreis unbeanstandet genehmigt werde. Eine kreisangehörige Gemeinde, die im letzten Jahr ihren Haushalt vor dem 30.11. beschlossen habe, habe die Genehmigung der Kommunalaufsicht erst im April 2023 und somit deutlich nach der Stadt Lohne erhalten. Zu den Rücklagen ergänzte Herr Theder, dass diese für die vielen Investitionen benötigt werden.