Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 23, Nein: 10, Enthaltungen: 0

Beschluss:

 

Die anliegende Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern in der Stadt Lohne (Hebesatzsatzung) wird beschlossen.

 

Ja-Stimmen:               Anja Thoben, Brigitte Theilen, Christian Meyer, Clemens-August Röchte, Elsbeth Schlärmann, Fabio Maier, Frank Rottinghaus, Henrike Theilen, Konrad Rohe, Norbert Hinzke, Paul Sandmann, Stefanie Kröger, Thomas Schlarmann, Tobias Hermesch, Ulrich Zerhusen, Ünzile Yilmaz, Walter Sieveke, Norbert Bockstette, Dr. Henrike Voet, Christian Fischer, Franziskus Pohlmann, Julian Tillesch, Moritz Ovelgönne

 

Nein-Stimmen:            Andreas Pund, Eckhard Knospe, Evren Demirkol, Stefan Thierbach, Peter Willenborg, Tobias Beckhelling, Manuela Deux, Torsten Mennewisch, Dr. Lutz Neubauer, Nadine Nuxoll


Sachverhalt:

 

Gemeinden erheben ihre Grund- und Gewerbesteuern (Realsteuern) durch die Anwendung von sogenannten Hebesätzen (Vervielfältiger) auf die den Steuerpflichtigen per Einzelbescheid mitgeteilten Messbeträge (Grundlagendaten) der Finanzämter.

 

Die Höhe der Hebesätze beträgt für die Grundsteuer A und B 275 v.H. (seit 1998), für die Gewerbesteuer 330 v.H. (seit 2016).

 

Aufgrund der vom Bundesgesetzgeber festgesetzten Grundsteuerreform wurden im Jahr 2022 sämtliche Grundeigentümer aufgefordert, für ihre besteuerten Grundstücke neue Angaben zu machen, aus denen das Finanzamt dann neue Grundsteuermessbeträge ermittelt.

 

In die Ermittlung der neuen Grundsteuermessbeträge fließen der Bodenrichtwert anhand der jeweiligen Lage, die Grundstücksgröße sowie die mitgeteilte Wohn-/Nutzfläche ein. Auf die Wohn-/Nutzfläche werden noch unterschiedliche Äquivalenzkennziffern angewandt – hieraus ergibt sich am Ende die neue Bemessungsgrundlage für jedes Grundstück.

 

Für Lohne sind ca. 10.000 Grundsteuerobjekte zu veranlagen und zu bescheiden. Der zukünftige Maßstab ist mit dem bisherigen systematisch nicht vergleichbar. Daher weicht der festgestellte Grundsteuermessbetrag in praktisch jedem Einzelfall von dem jetzt geltenden Wert ab, sei es nach oben oder nach unten.

 

Laut Mitteilung der Finanzverwaltung lagen Mitte August 2023 für ca. 72 % der Lohner Objekte Steuermessbeträge vor. Voraussichtlich zur Jahresmitte 2024 wird die Summe aller Lohner Messbeträge vorläufig bekannt sein.

 

Ein Teil der Grundsteuermessbeträge wird dabei von der Finanzverwaltung wegen mangelhafter Mitwirkung geschätzt werden müssen. Außerdem dürften für einen Teil der festgesetzten Messbeträge noch Einspruchsverfahren beim Finanzamt anhängig sein.

 

Laut § 7 des Nds. Grundsteuergesetzes muss jede niedersächsische Kommune ermitteln, wie hoch rechnerisch der Hebesatz nach neuem Recht (ab 2025) sein müsste, dessen Anwendung im Gesamtaufkommen 1:1 den Grundsteuereinnahmen des Haushaltsplans 2024 bei Anwendung des bisherigen Hebesatzes entspricht (aufkommensneutraler Hebesatz).

 

Um im Jahr 2025 dieselbe Grundsteuerhöhe wie im Jahr 2024 einzunehmen, wird 2025 höchstwahrscheinlich in jeder Kommune ein anderer Hebesatz als im Jahr 2024 anzuwenden sein.

 

Für eine insoweit optimale Umsetzung der neuen Grundsteuerbesteuerung schlägt die Verwaltung vor, dass in der Stadt Lohne eine eigene Hebesatzsatzung für Grund- und Gewerbesteuern erlassen wird. Sie gilt nicht nur für ein Kalenderjahr, sondern ohne zeitliche Beschränkung, und ist nicht genehmigungspflichtig.

 

Würde der Hebesatz erst wie üblich mit der Haushaltssatzung für das Jahr 2025 festgesetzt, so könnte nicht garantiert werden, dass die vorläufige Haushaltsführung incl. Verabschiedung des Haushaltsplans, Genehmigung durch die Kommunalaufsicht und öffentlicher Auslegung bis zum 12.01.2025 beendet ist (späteste Versendung der Grundsteuerbescheide für den Zahlungstermin 15.02.2023). In der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung dürfen gemäß § 116 NKomVG Steuern nur nach den in der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzten Hebesätzen erhoben werden.

 

Dies würde zu zusätzlichem Aufwand bei den Steuerpflichtigen und der Finanzabteilung (Änderung von Daueraufträgen, Verrechnung von Überzahlungen / Nachholung von Nachzahlungen) im Jahresverlauf 2025 führen.

 

Die gesonderte Hebesatzsatzung kann dagegen unmittelbar nach der amtlichen Bekanntmachung zum 01.01. eines Jahres in Kraft treten. Dadurch können bereits rechtzeitig vor der Fälligkeit der 1. Grundsteuerrate am 15. Februar die neuen Grundsteuerbescheide an die Steuerpflichtigen versandt werden.

 

In der jährlichen Haushaltssatzung werden die durch die Hebesatzsatzung festgesetzten Hebesätze nur noch nachrichtlich aufgeführt.

 

Beispielhaft stehen für eine solche dauerhafte Hebesatzsatzung seit Jahren z.B. die Kommunen Hannover, Göttingen, Wilhelmshaven, Lüneburg, Celle, Cuxhaven, Aurich, Burgdorf, Garbsen, Goslar, Laatzen, Leer, Lehrte, Nienburg, Peine, Stade, Wildeshausen, Damme, Steinfeld und Neuenkirchen-Vörden. Hier hat sich die dauerhafte Hebesatzsatzung auch bewährt. Im Rahmen der Grundsteuerreform wird eine weitere nennenswerte Zahl von Kommunen voraussichtlich diesen Weg gehen.

 

Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Haushaltsplanung 2024 vorgeschlagenen Hebesatzerhöhung für die Grundsteuer (330 v.H. für die Grundsteuer A und B) wird der Erlass der anliegenden Realsteuer-Hebesatzsatzung vorgeschlagen.

 

Beratungsverlauf:

 

Nach Vorstellung des Sachverhalts und der Ergebnisse der Vorberatung durch die Verwaltung erklärt ein Ratsmitglied, dass der Erlass einer solchen Satzung an sich nicht zu kritisieren sei. Das Problem sei allerdings, dass man die Grundsteuer mit der Begründung anheben wolle, es habe schon lange keine Anhebung mehr stattgefunden und man zahle drauf. Die Mehreinnahmen durch eine Anhebung der Grundsteuern seien auch überschaubar. Im Hinblick auf die aktuelle Situation in der Gesellschaft sei eine Mehrbelastung der Bürger allerdings kontraproduktiv. Es sei wünschenswert gewesen, dass man stattdessen die Gewerbesteuer angegangen wäre. Davon seien dann insbesondere die größeren Betriebe betroffen, welche die Hauptursache für die Umweltproblematik darstellen würden. Durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer könnten auch erhebliche Mehreinnahmen erzielt werden.

 

Verwaltungsseitig wird erläutert, dass es seit 25 Jahren keine Erhöhung der Grundsteuer gegeben habe und es auf den ersten Blick ein hoher Anstieg von 275 auf 330 Punkte sei. Im Hinblick auf die Inflationsrate sei die Erhöhung allerdings moderat. Darüber hinaus seien durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge 2022 die Kosten auf die Allgemeinheit umgelegt worden, sodass eine Gegenfinanzierung notwendig sei. Steuererhöhungen seien nie populär, jedoch vorliegend notwendig, um dauerhaft den finanziellen Spielraum der Stadt zu erhalten. Aufgrund des Höchststandes an Gewerbesteuereinnahmen im vergangenen Jahr sei sich verwaltungsseitig gegen eine Erhöhung der Gewerbesteuer ausgesprochen worden.

 

Ein Ratsmitglied fasst den Sachverhalt noch einmal zusammen und stellt die Vorteile einer Hebesatzsatzung heraus. Im Hinblick auf die Finanzausgleichsumlage und die Erhöhung der Kreisumlage sei es erforderlich, die Grundsteuern anzupassen. Auch die Rücklagen der Stadt Lohne seien durch die beabsichtigten Investitionen schnell aufgezerrt. Im Durchschnitt würde sich für jeden Haushalt eine Mehrbelastung von ca. 60 € im Jahr ergeben.

 

Ein weiteres Ratsmitglied weist darauf hin, dass die Erhöhung der Steuersätze für die Bürger nicht nachvollziehbar seien und dass die finanzielle Stabilität der Stadt gesichert sei.

 

Ein anderes Ratsmitglied teilt mit, dass die SPD-Fraktion gegen den Erlass der Satzung sei. Insbesondere werde die Erhöhung der Grundsteuern abgelehnt, da eine Erhöhung unsozial und aus verschiedenen Gründen nicht notwendig sei, da die Stadt über eine ausreichend hohe Liquidität und Rücklagen verfüge. Die SPD-Fraktion wolle die Bürger nicht noch mehr belasten. Auch gebe es in Vechta und Damme keine Steuererhöhung, obwohl der dortige Haushalt sogar ein Defizit ausweise. Es wird der Geschäftsordnungsantrag auf namentliche Abstimmung gestellt.

 

Verwaltungsseitig wird auf die Gehaltsentwicklung der letzten Jahrzehnte und die Mehrbelastung pro Haushalt eingegangen und erläutert, dass die Steuererhöhung im Hinblick auf die im Finanzplan geplanten Investitionen notwendig sei. Auch wenn hohe Rücklagen zur Verfügung stünden, seien diese für die Finanzierung dieser Vorhaben eingeplant.

 

Ein Ratsmitglied erklärt, dass es sich um ein komplexes Thema handele. Seitens der SPD-Fraktion werde eine Sozialneiddebatte konstruiert. Grundsätzlich sei an dem Thema nichts Dramatisches, da es sich um eine notwendige Steuererhöhung im moderaten Maße handele.

 

Ein weiteres Ratsmitglied merkt an, dass bei dem komplexen Thema verschiedene Auffassungen vertreten werden. Eine Steuererhöhung zum jetzigen Zeitpunkt sei jedenfalls nicht sinnvoll, da die Bürger in der aktuellen Zeit entlastet werden müssten. Seitens der CDU gebe es kein einheitliches Vorgehen, da auf der einen Seite auf Kreisebene die Kreisumlage und auf der anderen Seite gleichzeitig auf kommunaler Ebene die Grundsteuer erhöht werde. Das sei kein verantwortungsvoller Umgang mit Geld.

 

Es wird zunächst über den Geschäftsordnungsantrag auf namentliche Abstimmung abgestimmt. Dieser wird mehrheitlich angenommen.

 

Sodann wird über den Beschlussvorschlag namentlich abgestimmt.