Beschluss: zur Kenntnis genommen

 

Mit Schreiben vom 23.10.2013 beantragt die Ratsgruppe Lohner, sämtliche Baugestaltungssatzungen für alle Bebauungspläne der Stadt Lohne zu vereinheitlichen, indem die aktuellen Regelungen auf die älteren Bebauungspläne übertragen werden. Der Antrag wurde in der Sitzung des Rates am 12.12.2013 behandelt und zur weiteren Beratung in den Bauausschuss verwiesen.

 

Die Stadt Lohne hat zwischen 1964 und 1967 für die Geltungsbereiche der Bebauungspläne Nr. 5, 7b, 7d, 11, 13, 14, 15, 16, 19, 22, 25, 26, 27 und 29 Satzungen über besondere Anforderungen an die Baugestaltung, sog. Baugestaltungssatzungen, beschlossen. Da die Regelungen dieser Satzungen aufgrund einer gesetzlichen Aufhebungsvorschrift (§ 101 NBauO alter Fassung) nur noch teilweise weitergelten, hat die Stadt Lohne diese 14 Baugestaltungssatzungen mit Wirkung vom 19.10.2013 aufgehoben. Mit der neuen Fassung der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) wurde der Begriff „örtliche Bauvorschrift“ eingeführt.

 

Örtliche Bauvorschriften und Bebauungspläne sind grundsätzlich zwei verschiedene rechtliche Konstrukte, die sich in der praktischen Anwendung jedoch ergänzen:

Während ein Bebauungsplan städtebauliche Festsetzungen zur Art (Gebietstyp) und zum allgemeinen Maß der Bodennutzung (versiegelte Flächen) enthält, werden über örtliche Bauvorschriften gestalterische Vorgaben wie maximale Gebäudehöhen, Angaben zu Dachneigung, Farben von Dächern und Fassaden, Dach- / Fassadenbegrünung, Mauern, Zäunen, Hecken sowie zur Versickerung des Niederschlagswassers gemacht. Ein Bebauungsplan wird nach den Vorschriften des Baugesetzbuches (Bundesrecht) aufgestellt; für eine örtliche Bauvorschrift ist die jeweilige Landesbauordnung (Landesrecht) anzuwenden. In der Praxis hat es sich durchgesetzt, die Regelungen der örtlichen Bauvorschrift auf der Planzeichnung eines Bebauungsplanes aufzuführen, um alle maßgeblichen Vorgaben zu bündeln.

 

Örtliche Bauvorschriften über die Gestaltung von Gebäuden, die mit einem Bebauungsplan verknüpft werden, dienen einer positiven Gestaltungspflege, um z. B. nicht typische Dacheindeckungen in blau oder weiß zu vermeiden.

 

Es besteht aber auch die Möglichkeit, örtliche Bauvorschriften ohne Bezug zu einem Bebauungsplan aufzustellen, wie zum Beispiel örtliche Bauvorschriften zu Werbeanlagen (Werbeanlagensatzung), Garagen, Einstellplätzen, Fahrradabstellanlagen, Lagerflächen, Spielplätzen, Campingplätzen oder zur Verwendung von Antennen und Freileitungen.

 

Ist ein Bebauungsplan mit einer örtlichen Bauvorschrift verbunden, so ist eine isolierte Aufhebung der örtlichen Bauvorschrift rechtlich zwar möglich, aus praktischer Sicht aber nicht zu empfehlen, da die beiden Satzungen „auseinandergerissen“ werden und das laut Antrag gewünschte Ergebnis durch eine bloße Aufhebung der örtlichen Bauvorschriften nicht erzielt werden kann. Dadurch können gerade keine Monostrukturen vermieden werden. Eine Belebung älterer Baugebiete kommt immer dann zum Tragen, wenn sich junge Familien dafür entscheiden, in älteren Baugebieten wohnen zu wollen. Um diese älteren Baugebiete attraktiver zu machen aber auch, um den Flächenverbrauch zu reduzieren, ist die Überarbeitung des jeweiligen Bebauungsplans sinnvoll.

 

Unter diesem Leitgedanken wurden in den vergangenen Jahren bereits die Bebauungspläne Nr. 59 Drostenweg, Nr. 124 Windmühlenberg, Nr. 125 An der Heide und Nr. 139 Mühlenkamp überarbeitet. Aktuell befindet sich das Nachverdichtungskonzept für den Bereich Wichel (Bebauungsplan Nr. 143) in der Aufstellung. Planungsziel ist, eine geordnete, moderate Nachverdichtung zu ermöglichen und gleichzeitig zu stark verdichtete Baustrukturen zu vermeiden.

 

Auf die nach der NBauO vorgesehenen Regelungen, besondere Anforderungen an die Gestaltung von Gebäuden zu stellen, wurde bei der Aufstellung der Nachverdichtungs-Bebauungspläne jedoch verzichtet. Es sind lediglich Regelungen zu Dachausbauten sowie zur Versickerung des Niederschlagswassers vorgesehen, die nicht über den Bebauungsplan sondern gem. NBauO (Landesrecht) als örtliche Bauvorschrift festzusetzen sind.

 

Weiterhin ist zu beachten, dass Bebauungspläne aus den Jahren 1960 bis 1980 in der Regel keine Festsetzungen zur Gebäudehöhe und zur Anzahl der Wohneinheiten enthalten. Da in dieser Phase das Interesse der Bauherren in der Regel auf Ein- und Zweifamilienhäuser auf relativ großen Grundstücken beschränkt war, wurden die Möglichkeiten des Bebauungsplanes, höher und viel größer zu bauen, kaum ausgeschöpft. Die örtlichen Bauvorschriften aus dieser Phase setzten in der Stadt Lohne lediglich die Dachform und -neigung fest. Daher sind innerhalb von Bebauungsplänen aus dieser Phase auch konfliktreiche Bauvorhaben zulässig, wie größere Mehrfamilienhäuser mit entsprechend vielen Stellplätzen aber keinen Gärten, die in einer Einfamilienhaus-Siedlung geplant sind.

 

Es folgte ein Umdenken, sodass in der Phase zwischen 1980 und 2000 vermehrt örtliche Bauvorschriften mit detaillierten Regelungen erlassen wurden. Hinzu kommt, dass durch die Anwendung der BauNVO 1990 die Grundstücke nicht mehr so hoch wie ursprünglich versiegelt werden können.

 

Die Bebauungspläne aus den letzten Jahren, die auf dem Leitgedanken der Nachverdichtung basieren, kommen wiederum ohne bzw. nur mit wenig gestalterischen Vorgaben aus, da das Ziel der moderaten Nachverdichtung über städtebauliche Festsetzungen, wie Grundflächenzahl (GRZ) und Anzahl der Wohneinheiten je Gebäude erreicht werden kann.

 

An diesen Beispielen wird deutlich, dass das laut Antrag formulierte Ziel mit einer pauschalen Vereinheitlichung von örtlichen Bauvorschriften und Bebauungsplänen nicht erreicht werden kann, da jeder Bebauungsplan für sich betrachtet werden muss. Ist dem Bebauungsplan eine örtliche Bauvorschrift zugeordnet, so ist im Einzelfall zu prüfen, welche Regelungen bei einer Überarbeitung des Bebauungsplanes übernommen werden und auf welche zukünftig verzichtet werden kann.

 

Die Verwaltung empfiehlt daher, die bereits begonnene Konzeption der Nachverdichtungspläne für das Lohner Stadtgebiet fortzusetzen und sukzessive zu prüfen, ob die dem jeweiligen Bebauungsplan zugeordnete örtliche Bauvorschrift überarbeitet bzw. aufgehoben werden kann.

 

In der Diskussion sprach sich Ausschussmitglied Dr. Neubauer weiter dafür aus, auch in alten Baugebieten neue Gestaltungssatzungen anzuwenden.

 

Die Verwaltung erläuterte dazu, dass der grundsätzliche Gedanke einer Vereinheitlichung der Baugestaltungssatzungen durchaus wünschenswert sei. Die praktische Umsetzung dieses Gedankens sei jedoch aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Manche Vorgaben, wie z. B. die Versickerung des Niederschlagswassers, lassen sich nur über die örtliche Bauvorschrift regeln.

 

Ein Ausschussmitglied wies darauf hin, dass die Anpassung der örtlichen Bauvorschriften bei neueren Planungen bereits praktiziert werde.

 

Nach kurzer Diskussion zog Ausschussmitglied Dr. Neubauer den Antrag zurück.